Berlin. Karoline Herfurth und Christopher Doll sprechen erstmals über ihre Beziehung – und die schwierige Work-Life-Balance in der Filmbranche.

Sie sind seit zehn Jahren ein Paar, haben das aber lange vor der Öffentlichkeit verborgen: die Schauspielerin Karoline Herfurth und der Produzent Christopher Doll, der auch die Filme seiner Frau produziert. Nun legt er, mit dem Film „Eine Million Minuten“, der am 1. Februar startet, sein Regiedebüt vor. Seine Frau spielt die weibliche Hauptrolle. Und es geht darin um ein Paar und seine Probleme mit Kind und Karriere, die klassische Work-Life-Balance. Das klingt auch ein bisschen nach eigener Paartherapie. Deshalb gehen die beiden erstmals gemeinsam an die Öffentlichkeit. Und geben ihr erstes gemeinsames Interview.

Normalerweise gebührt der Frau die erste Frage. Aber ich muss erst mal Sie fragen, Herr Doll: „Eine Million Minuten“ ist nun Ihr Regiedebüt. War das ein lang gehegter Wunsch? Oder sprangen Sie womöglich nur ein, weil Ihre Frau nicht konnte?

Christopher Doll: Ich weiß nicht, ob das ein Wunsch war. Aber eine Sehnsucht war’s. Ich war lange Regieassistent und wurde dann Produzent. Und dachte immer mal über Regie nach. Das ging dann auch wieder weg, weil genug zu tun war. Aber als wir unsere Produktionsfirma gründeten und ich Karoline bei ihren Regiearbeiten begleiten durfte, wurde das immer stärker.

Karoline Herfurth: … und da dachtest du: Mach’ ich’s mal lieber selbst. (beide lachen)

Doll: Keineswegs. Aber dann landete dieser Stoff bei uns, der mich nicht mehr losgelassen hat: die Geschichte von Vera und Wolf Küper, die, um Beruf und Familie zusammenzubringen, ihren Alltag verlassen haben und auf Reisen gingen. Den Stoff haben wir lange entwickelt, 2017 gab es die erste Begegnung mit Wolf Küper. Ich habe mich Stück für Stück in das Projekt verliebt. Und mit jedem Jahr wuchs der Gedanke, selbst die Regie zu übernehmen. Es gab auch Gespräche mit anderen, durchaus renommierten Regisseurinnen und Regisseuren. Aber meine eigene Vorstellung war schon stark gewachsen. Zudem gab es ermutigenden Zuspruch, unter anderem von Karoline, Lothar, meinem Geschäftspartner, und auch Warner. Und es war ja auch eine sehr privilegierte Situation. Ich wusste, wenn’s nicht klappt, habe ich ja einen Beruf!

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Frau Herfurth, war von Anfang an klar, dass Sie dann auch die Hauptrolle spielen? Wollten Sie bei dem Debüt Ihres Mannes unbedingt dabei sein? Oder haben Sie abgewogen, ob es anders besser wäre?

Herfurth: Ich hatte schon lange die Hoffnung, dass Chris sich mal den Regiehut aufsetzt. Ich habe, hoffe ich, diesen Schritt, den er gegangen ist, auch immer so gut es geht begleitet. Und ehrlich: Ich hätte es mir ungern nehmen lassen, dabei zu sein. Ich wäre wahrscheinlich ganz schön unangenehm geworden. (lacht) Aber im Ernst: Ich bin sehr glücklich, ein Teil davon sein zu dürfen.

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Hätte man sich nicht einen etwas leichteren Stoff für ein Regiedebüt wählen können als einen Film, der in gleich drei Ländern gedreht wird? Noch dazu, wo Sie, Frau Herfurth, doch Flugangst haben. Waren Sie nicht sogar froh, dass Sie bei „Fack ju Göhte 2“ nicht mit nach Thailand fliegen mussten?

Herfurth: Stimmt. Aber Angst kann ja auch ein guter Freund sein. Ich habe auch lange nie geglaubt, dass wir dieses Projekt wirklich wuppen, rein logistisch. Aber wer, wenn nicht Chris? Und dann war ich überrascht, als wir plötzlich am Flughafen, als wir in Thailand und dann in Island standen. Und dass wir, nein, dass Chris das auf die Beine gestellt hat.

Doll: Eine interessante Erfahrung ist, dass zu der Verantwortung als Produzent für Zeit, Räume und Schutzräume beim Regisseur noch eine inhaltliche dazukommt.

Herfurth: Darüber haben wir uns natürlich auch schon früher in gemeinsamen Projekten ausgetauscht. Aber natürlich ist es anders, das selber zu erfahren. Das habe auch ich erst lernen müssen, früher habe ich die Arbeit nur aus der Sicht der Schauspielerin gesehen.

Karoline Herfurth und Tom Schilling als Wolf und Vera Küper, die aussteigen und mit ihrer Familie in die Welt ziehen.
Karoline Herfurth und Tom Schilling als Wolf und Vera Küper, die aussteigen und mit ihrer Familie in die Welt ziehen. © Warner | Warner

Und eine Frage, die Sie jetzt vermutlich ständig hören: Wie war das, sich in der Arbeit zu begegnen? Sie sind selber eine erfolgreiche Regisseurin, lassen Sie sich da anweisen, reden Sie mit rein? Oder haben Sie sich einfach prima ergänzt?

Herfurth: Wenn ich zuerst antworten darf: Für mich war das ein totaler Genuss. Ich hatte lange diesen Wunsch, dass Chris Regie führt, und war neugierig, das zu erleben. Ihn als Gegenüber vor der Kamera zu haben, war aber keine neue Erfahrung. Als Produzent ist er ja auch immer dabei. Da gibt es seit Jahren eine Vertrautheit. Aber natürlich ist es etwas anderes, wenn er seine eigene Vision umsetzt. Klar redet man auch mit, weil man seine Vision der Figur hat, die man spielt. Da gab’s bestimmt auch mal Reibereien. Aber ich hatte hier das Glück, dass ich schon sehr früh in das Projekt involviert war. Das wuchs sehr organisch.

Doll: Film ist einfach ein gemeinsamer Prozess. Man kann da ganz viel planen, aber manche Dinge darf man auch nicht „über-planen“. Schauspielern wie Karoline und Tom Schilling muss man einfach Raum geben, damit sie sich entfalten können. Wenn du andere Perspektiven nicht aufnimmst, machst du deinen Film nur kleiner. Ich habe das immer als eine gemeinsame Suche gesehen. Film ist für mich eine Gemeinschaftsleistung.

Herfurth: Also ich bin schon jemand, der als Regisseurin wie als Schauspielerin sehr gerne plant. Dafür probe ich nicht gern, im Gegensatz zu Chris und Tom. Weil ich diesen ersten jungfräulichen Moment vor der Kamera extrem kostbar finde. Rückblickend ist es jetzt umso spannender, wie wir den Film über Proben erarbeitet haben. Und welchen Gewinn das brachte. Da ging noch mal eine ganz neue Tür für mich auf, um eine neue Spielart zu entdecken. Gerade weil ich als Regisseurin ganz anders eingespielt bin. Ich bin hier ein bisschen aus meiner Komfortzone rausgegangen. Da war ich anfangs auch noch unsicher, aber es hat sich total ausgezahlt. Und ich bin stolz, auf diesen Film und auf die Vertrautheit, die wir erzählerisch erreicht haben.

Hat erstmals selbst Regie geführt: Christopher Doll beim Dreh von „Eine Million Minuten“.
Hat erstmals selbst Regie geführt: Christopher Doll beim Dreh von „Eine Million Minuten“. © Warner | Warner

Sie haben es zehn Jahre lang geschafft, Ihre Beziehung aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Als Sie, Frau Herfurth, im vergangenen Sommer den Ernst-Lubitsch-Preis erhielten, haben Sie Ihren Mann ganz offiziell eingeführt. War klar, vor diesem Film mussten Sie gemeinsam auftreten?

Herfurth: Darf ich was sagen?

Doll: Klar. Das war ja dein Impuls. Den ich auch sehr unterstützt habe.

Herfurth: Ich fand, das war ganz lange die richtige Entscheidung. Es war ja auch eher ein offenes Geheimnis, dass aber alle respektiert haben. Tatsächlich hat die „Bunte“ vor anderthalb Jahren schon mal eine Doppelseite über meine „große Liebe“ veröffentlicht. Es ist nur keinem aufgefallen.

Doll: … was uns auch nicht traurig gemacht hat …

Herfurth: Ich habe mich vorher rechtlich beraten lassen, ob trotzdem in Zukunft weitere Türen in unser Privatleben geschlossen bleiben können. Das ist uns extrem wichtig. Aber wir sind jetzt schon lange ein stabiles Arbeitspaar, und da Chris jetzt auch Regie geführt hat, hätte es sich einfach unnatürlich angefühlt, wenn da so ein Elefant im Raum gestanden hätte. Diese private wie berufliche Beziehung jetzt öffentlich zu machen, hat sich einfach richtig angefühlt.

Doll: Es hätte auch eine gewisse Unehrlichkeit gehabt, wenn wir das in Bezug auf diesen Film hätten ausblenden müssen. Auch, weil wir stolz auf das gemeinsam Erreichte sind. Wir sind ein Paar und wir arbeiten zusammen. Das ist ja auch ein Glücksfall, dass man beides verbinden kann.

Bei der Verleihung des Ernst-Lubitsch-Preises an Karoline Herfurth im Sommer 2023 trat das Paar erstmals offiziell als solches in der Öffentlichkeit auf.
Bei der Verleihung des Ernst-Lubitsch-Preises an Karoline Herfurth im Sommer 2023 trat das Paar erstmals offiziell als solches in der Öffentlichkeit auf. © picture alliance / Eventpress | Eventpress Kochan

Herfurth: Und wir haben auch in der Arbeit schon Hochs und Tiefs erlebt, weil man sich in den verschiedenen Rollen, die man da miteinander hat, erst mal finden muss. Da konnten wir ein bisschen üben, deshalb können wir damit jetzt ganz entspannt an die Öffentlichkeit gehen.

Doll: Und auch wenn das so toll klingt, dass man nach Island und Thailand fliegt – es ist halt auch harte Arbeit, wenn man 39 Drehtage Druck hat und immer auch gegen die Zeit arbeitet. Da brauchst du …

Herfurth: … starke Nerven und gute Kommunikation.

Herfurth: Work-Life-Balance ist immer wieder Herausforderung

Nun handelt Ihr erster Film in dieser Konstellation von einem Paar mit zwei Kindern, das Karriere und Familie unter einen Hut bringen will. Ist das reiner Zufall? Oder ist das auch Ihr Thema?

Doll: Erst mal ist und bleibt es die Geschichte der Küpers. Aber natürlich geht es da um Dinge, wie sie auch in jeder anderen Familie passieren können. Und natürlich kommen da auch persönliche Erfahrungen mit rein. Film ist eine sehr intensive und zeitraubende Angelegenheit. Insgesamt ist das mein 90. Film, und ich hatte während der Arbeit oft zu wenig Zeit. Für Freunde, für meine Eltern, für meine Partnerin.

Herfurth: Zeitmanagement ist etwas, das uns beruflich schon extrem lange begleitet. Wie auch die Frage, wie sehr man sich über seinen Beruf definiert. Und wie viel Zeit daneben bleibt. Die Sätze, die sich die Küpers im Film sagen, sagen wahrscheinlich eine Million Menschen so. Ich denke, viele Menschen teilen diese Erfahrungen, weil unsere Welt so gestrickt ist, wie sie ist.

Die Hauptdarsteller Karoline Herfurth, Pola Friedrichs und Tom Schilling bei der Premiere von „Eine Million Minuten“ im Berliner Zoo Palast.
Die Hauptdarsteller Karoline Herfurth, Pola Friedrichs und Tom Schilling bei der Premiere von „Eine Million Minuten“ im Berliner Zoo Palast. © picture alliance / | dpa

Und wie kriegen Sie das selbst mit der Work-Life-Balance hin? Haben Sie da ein Rezept gefunden?

Herfurth: Wir haben das ganz easy gemacht: Wir arbeiten jetzt einfach zusammen. (beide lachen)

Doll: Ich habe das wirklich manchmal gedacht: Ist doch mega. Auf die Art sehen wir uns viel öfter!

Herfurth: Ist auch immer schön. Meistens. Es gibt ja dieses idealisierte Bild von der Powerfrau, die Haushalt, Familie und Beruf unter einen Hut bringt. Ich halte das für nicht machbar und finde es falsch und sogar schädlich, dieses Bild vorzugaukeln. Ich könnte nicht alles schaffen, wenn ich nicht ganz viel Hilfe bekäme, sowohl auf beruflicher als auch privater Ebene. Wahrscheinlich würde das auch viel schlechter funktionieren, wenn wir nicht beruflich so verbunden wären. Film ist, wie viele andere auch, ein eher familienunfreundlicher Beruf.

Doll: Und das hinterlässt auch Spuren. Bei unserem letzten gemeinsamen Film „Einfach mal was Schönes“ haben wir deshalb überlegt, wie man eine bessere Balance hinbekommt. Wir haben mit dem Team diskutiert, ob wir beim Dreh teilweise eine Vier-Tage-Woche einführen. Nicht alle waren dafür, allerdings war es für einen Großteil, insbesondere die mit Familien, eine Riesenentlastung. In meinen Augen hat sich das auch bewährt, einfach weil man die Arbeit in vier Tagen viel wacher und weniger erschöpft erledigen kann. Ich würde sogar behaupten, es könnte ökonomischer sein.

Karoline Herfurth und Christopher Doll bei den Dreharbeiten zu „Einfach mal was Schönes“.
Karoline Herfurth und Christopher Doll bei den Dreharbeiten zu „Einfach mal was Schönes“. © Berlin | Warner Bros.

Herfurth: Bei „Einfach mal was Schönes“ hätte ich gar nicht gewusst, wie ich das alles ohne Vier-Tage-Woche hätte bewältigen können. Das war für mich die Rettung. Das ist ein Modell, das man unbedingt weiter erforschen sollte.

„Einfach mal was Schönes“ – Wenn die Bio-Uhr tickt

Interessant ist, dass Tom Schilling und Sie das Paar spielen. Sie haben sich vor 25 Jahren bei „Crazy“ kennengelernt, da waren auch Sie, Herr Doll, schon als Praktikant dabei.

Herfurth: Ja, das ist lustig. Da sind wir uns alle das erste Mal begegnet. Für mich war das der erste Kinofilm, für Chris auch. Da schließen sich Kreise.

Doll: Und nicht nur bei uns dreien. Viele, die jetzt an unserem Film beteiligt sind, kenne ich seit einem Vierteljahrhundert, das ist mehr als die Hälfte meines Lebens. Es ist toll, mit ihnen allen gewachsen zu sein.

Christopher Doll und Karoline Herfurth bei der Premiere ihres Films „Eine Million Minuten“.
Christopher Doll und Karoline Herfurth bei der Premiere ihres Films „Eine Million Minuten“. © Getty Images | Matthias Nareyek

Nach dieser beglückenden Erfahrung bleibt natürlich die Frage: Werden Sie auch weiter in dieser neuen Konstellation arbeiten?

Herfurth: Ich werde nach wie vor auch einige Regieprojekte realisieren. Und wenn Chris mich wieder besetzt, freue ich mich natürlich. Aber die Frage war wahrscheinlich, ob du weiter Regie machen willst.

Doll: Der Lerneffekt hat mir noch mal einen anderen Respekt vor der Regie verschafft, und gerne möchte ich diese auf der produzentischen Ebene weiter unterstützen. Ich muss nicht da vorn stehen. Aber – es war eine Mega-Erfahrung. Jetzt muss man erst mal sehen, wie das ankommt. Wir versuchen ja immer, Filme fürs Publikum zu machen. Das hoffen wir jetzt natürlich auch für „Eine Million Minuten“. Am liebsten würde ich die Frage in vier Wochen noch mal beantworten.