Dortmund. Teures Projekt, aber das wird keine Oper, die sich durchsetzt. Dortmund gräbt Augusta Holmès „Montagne Noir“ aus. Warum das Ergebnis schwach ist.

Ob sich die monumentale Oper „La Montagne Noire“ der irisch-französischen Komponistin Augusta Holmès (1847-1903), die die Oper Dortmund jetzt der Vergessenheit entreißt, im Repertoire behaupten kann? Fraglich! Als eindrucksvolle Repräsentantin selbstbewusster und talentierter Frauen-Power verdient sie Beachtung. Das Premieren-Publikum reagierte mit stürmischem Beifall auf das dreieinhalb Stunden lange Werk einer Komponistin, die sich im männerdominierten Paris des 19. Jahrhunderts Respekt verschaffte.

„La Montagne Noire“, der „schwarze Berg“, ist eine Umschreibung von Montenegro, das sich im Krieg gegen das osmanische Reich befindet. Die Brüder Aslar und Mirko kämpfen erfolgreich gegen die Türken. Mirko verliebt sich jedoch in die schillernde türkische Sklavin Yamina, vergisst Bruder- und Vaterlandsliebe und wird vom Bruder umgebracht, bevor der im Kugelhagel der Türken fällt. Regisseurin Emily Hehl (24) sieht in dem Stück eine Demontage falscher Heldenverehrung. Denn die posthum vom Chor gefeierten Brüder, vor allem der der Sklavin hörige Mirko, geben als Heroen keine gute Figur ab.

„La Montagne Noire“ von Augusta Holmes in Dortmund: Zum Durchbruch reicht es nicht

Allerdings gelingt es der Regisseurin nicht, diese hintergründige Facette des Werks klar herauszustellen. Was nicht verwundert, denn die Komponistin bietet keine Hilfestellung. Die ersten anderthalb Stunden sind von patriotischen Schlachtgesängen und frommen Gebeten erfüllt, angereichert mit Gefühlsexplosionen des verliebten Mirko. Im zweiten Teil finden sich auch sensiblere, teilweise orientalisch gefärbte Töne, die vor allem das Selbstbewusstsein Yaminas und den schwachen Charakter Mirkos unterstreichen. Letztlich inszeniert Emily Hehl brav am Libretto entlang, was bei einem derart unbekannten Werk kein Nachteil sein muss, auch wenn die Kostüme von Emma Gaudino im neutralen Bühnenraum von Frank Philipp Schlößmann einen antiquiert folkloristischen Hauch verbreiten.

Ihre Absicht, den Heldenkult vom Podest zu reißen, gelingt der Regisseurin lediglich durch den aufgepfropften Einsatz der Gusla-Spielerin Bojana Peković, die auf ihrem lautenähnlichen Instrument montenegrinische Balladen eindrucks- und kraftvoll vorträgt.

Eher brave Regie und sicher keine Oper, die sich lange im Spielplan hält. „La Montagne Noire“  hatte Samstag Premiere im Opernhaus Dortmund.
Eher brave Regie und sicher keine Oper, die sich lange im Spielplan hält. „La Montagne Noire“ hatte Samstag Premiere im Opernhaus Dortmund. © Theater Dortmund | Björn Hickmann/ stage picture

Ein Grund für den mäßigen Erfolg der Pariser Uraufführung liegt nicht zuletzt darin, dass sich Augusta Holmès noch an der eigentlich überholten „Grand Opera“ mit ihren effektvollen, aber auch recht oberflächlichen Spektakeln orientierte und nicht an den sensibleren Tönen eines Massenet oder Dukas.

Augusta Holmès Musik protzt häufig: Es gibt ein Bombardement des Trommelfells

Und Motonori Kobayashi am Pult der Dortmunder Philharmoniker tat nicht das Geringste, die dynamische Sprengkraft der Partitur abzumildern. Vor allem der erste Teil geriet zu einem Bombardement der Trommelfelle, das die Sänger zum kräftezehrenden Dauer-Fortissimo zwang. Für Aude Extrémo als Yamina mit ihrem kraftvollen Mezzo war das kein Problem, auch wenn ihre Stimme in den Höhen sehr scharf klang.

Tenor mit Tristan-Weihen: Sergey Radchenko begeistert in Dortmund

Sergey Radchenko behauptete sich in der Riesenrolle des Mirko mit seinem Tristan-würdigen Tenor vorzüglich und Mandla Mndebele beeindruckte als dessen Bruder Aslar mit seinem voluminösen Bariton. Keine Ausfälle gab es in den kleineren Rollen zu beklagen. Hervorzuheben sind hier Anna Sohn als Héléna und Denis Velev als Priester. Auch der erweiterte Chor ließ es nicht an stimmlicher Präsenz vermissen. Eine weitere Ausgrabung naht: In zwei Wochen bringt das Aalto Theater die 1831 ebenfalls in Paris uraufgeführte Oper „Fausto“ der Komponistin Louise Bertin.

Aufführungsdauer: 3,5 Stunden, eine Pause. Die nächsten Aufführungen im Dortmunder Theater: am 19. und 24. Januar, am 17. Februar, 11. April und 10. Mai. (www.theaterdo.de).