Moers. Klein, aber oho: Das Moerser Schlosstheater sucht jetzt auch offiziell einen Nachfolger für Intendant Ulrich Greb. Warum das eine Nachricht ist.
Der alte, verdiente Intendant geht nach 22 Jahren in den Ruhestand - es wird jetzt ein neuer gesucht. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist im Falle des Moerser Schlosstheaters durchaus eine besondere Nachricht. Denn hinter den Kulissen gab es – nun ja – Theater, berichten Insider. In zwei Jahren wird Ulrich Greb (64) als Chef des Moerser Schlosstheaters in den Ruhestand gehen.
Wenn also nun Mark Rosendahl, der Aufsichtsratsvorsitzender des Moerser Schlosstheaters, verkündet: „Wir sichen eine regieführende Intendanz mit künstlerischen und kaufmännischen Qualitäten, die das vorhandene Profil fortschreibt und weiterentwickelt“, dann weiß der SPD-Ratsherr und Kulturausschussmitglied Mark Rosendahl: Er hat – offenbar erfolgreich – parteiinterne Versuche einer deutlichen Kursänderungen beim Schlosstheater ausbremsen können.
Bei den beiden anderen großen Ratsparteien, CDU und Grüne, herrscht Erleichterung über die einmütige Entscheidung des Aufsichtsrats nunmehr Bewerberinnen und Bewerber für die Intendanz aufzufordern, sich bis zum 29. Oktober für die Leitung des kleinen, aber innovativen Theaters zu bewerben. „Mit der Findungskommission und dem einmütigen Votum haben wir ein klares Votum gegeben, die erfolgreiche Entwicklung des Schlosstheaters fortzuschreiben“, so die Kulturausschussvorsitzende Gudrun Tersteegen, Ratsfrau der Grünen. Fpr die CDU signalisierte Petra Kiehn, Vorsitzende der Ratsfraktion, ebenfalls: „Wir sind damit sehr zuversichtlich, dass auf diese Weise die innovative Arbeit des Schlosstheaters fortgesetzt werden kann.“
Gegenvorschlag: „Talentschuppen statt Theater“
In den vergangenen Wochen hatte sich vor allem der umtriebige SPD-Ratsherr Konrad Göke für ein anderes – aus seiner Sicht noch innovativeres – Konzept stark gemacht. Göke, 72, war an vielen Bühnen im Land aktiv, bespielt in Moers mit seinen Kulturkontakten vor allem die Stadtkirche. Er befand: „Eine Neuorientierung des Schlosstheaters ist nach so langer Zeit mehr als überfällig.“
Die Bühne solle fortan für Abschlussklassen renommierter Schauspielschulen geöffnet werden, die dort in jeder Spielzeit vier Produktionen auf die Bühne bringen sollten. „Talentschuppen statt Theater“, ätzt dazu ein Kritiker Gökes, der schon im Mai 2023 versuchte, in politischen Gremien grünes Licht zu bekommen, um sich selbst „zu autorisieren, mit Holk Freytag und Prof. Robert Schuster (Schauspielschule Ernst Busch Berlin - Anm.d.Red.) den skizzierten Vorschlag zur Neuorientierung des Schlosstheaters in Zusammenarbeit mit Hochschulen für Schauspiel im deutschsprachigen Raum soweit im Detail auszuarbeiten, damit er in den damit zu befassenden Gremien beraten und dann darüber im Aufsichtsrat des Schlosstheaters abschließend entschieden werden kann.“
Aus dem zwei Spielzeiten währenden Vorspiel der diversen Bühnen sollte dann ein neues Leitungsteam ausgewäht werden. Das Risiko abseits der Bühne: In zwei Jahren könnte der städtische Haushalt auch in Moers womöglich den rigiden Sparvorgaben eines Haushaltssicherungskonzepts unterworfen sein - und Kultur ist keine Pflichtaufgabe.
Doch Gökes Überlegungen dürften mit der offenbar eilends beschlossenen Stellenausschreibung ad acta gelegt sein. Eine 14-köpfige Findungskommission ließ offen, ob die Intendanz an eine Einzelperson oder ein Leitungsteam gehen soll. In jedem Fall soll die regieführende Intendanz die „anhaltend innovativen Konzepte“ des Theaters fortschreiben und weiterentwickeln, ließ sich SPD-Ratsherr Mark Rosendahl als Aufsichtsrats-Vorsitzender in einer Pressemitteilung zitieren. Ausdrücklich wird ebenfalls
Kopfschütteln rief in Fachkreisen vor allem hervor, dass Göke dem Moerser Schlosstheater mangelnde Innovationskraft vorwarf. Das kleineste Theaterensemble Deutschlands mit fünf festangestellten Schauspielern, davon nur einer unkündbar, hat seit der Gründung vor nunmehr 48 Jahren kontinuierlich unter Beweis gestellt, dass fehlende numerische Größe ein Hinderungsgrund für großes Theater sein muss: Einladungen zu Theatertreffen und Preisverleihungen zeugen davon.
Gründungsintendant Holk Freytag vereinnahmt?
Göke wähnte bei seinem Konzept unter anderem Gründungsintendant Holk Freytag auf seiner Seite und nicht als einziger die kleine Bühne als großes Karrieresprungbrett genutzt. Freytag war jetzt auch Mitglied eben jener Findungskommission, die nunmehr die Ausschreibung für die Greb-Nachfolge auf den Weg gebracht hat: „einstimmig“ heißt es.
In der nunmehr veröffentlichen Ausschreibung heißt es unter anderem: „In einem engagierten Team mit derzeit fünf Schauspieler*innen und insgesamt 23 Mitarbeitenden entsteht auf der Bühne und im gesamten Stadtraum ein vielfältiges, gesellschaftspolitisch und ästhetisch profiliertes Programm mit fünf Neuproduktionen pro Spielzeit sowie kleineren Formaten. Darüber hinaus gehören partizipative Bürger*innen- und Rechercheprojekte zum bisherigen Profil des Theaters, das die Stadt mit ihren Themen und Orten einbezieht. Dies hat zu Kooperationen mit zahlreichen kulturellen und sozialen Initiativen in Moers und der Region sowie der Freien Szene geführt.“