Essen. Der Sänger hat zu seinem alten musikalischen Ich zurückgefunden. Das Album zählt zu seinen besten. Ein Gespräch über die Rückkehr der Katze.

Am 21. Juli feiert Yusuf/Cat Stevens – wie er sich aktuell nennt – seinen 75. Geburtstag. Eine Zahl, die bei dem weißhaarigen, älteren Herrn mit Vollbart und feiner, goldener Brille für ein mattes Lächeln sorgt: „Wenn man in Mondjahren rechnet, die elf Tage kürzer als Sonnenjahre sind, bin ich sogar schon 76. Im Grunde habe ich diesen Geburtstag längst hinter mir. Und da ich keinerlei körperliche Schmerzen spüre, scheine ich ganz gesund zu sein. Insofern: Ich bin momentan ziemlich glücklich.“

Dafür sorgt auch sein 17. Studio-Album „King Of A Land“ (BMG), das soeben erschienen ist. Eine Rückkehr zum klassischen Singer/Songwriter der 70er Jahre, der Musik nicht allein als Entertainment, sondern als praktische Lebenshilfe, moralischen Beistand und Mittel zum Wachrütteln versteht: „Sie ist eine Art Klärfass, aus dem die Leute ihr Licht beziehen können – wenn ihre Augen geöffnet sind.“ Was Yusuf darunter versteht, zeigt sich in Stücken mit kritischen Kommentaren zu Politik, Zeitgeist und Weltgeschehen, die die britische Regierung für das Brexit-Chaos abstrafen, den westlichen Umgang mit Flüchtlingen verurteilen und die weltweite Bedrohung von Demokratie und Frieden anmahnen.

Der Wunsch nach Harmonie und Liebe

Etwa im Song „Train On A Hill“: „Ich werde oft gefragt, ob ich wirklich glaube, was ich in ‚Peace Train‘, in einem meiner bekanntesten Lieder, singe“, so der Barde. „Eben, dass wir alle in Liebe und Harmonie leben könnten. Und das tue ich. Nur: Ich bin auch Realist. Ich weiß, dass in der heutigen Zeit der Zug nicht in Bewegung kommt. Da sind immer wieder Leute, die versuchen, die Schienen zu zerstören. Dagegen müssen wir etwas tun.“ Preiset den Herrn!

Wer stillsteht oder sich seinem Schicksal ergibt, ist leicht zu kontrollieren. Und nicht nur das, sagt Cat Stevens: Er ebne den Weg für Despoten, Kriege und den Verlust des individuellen Glaubens.

Deshalb ist der zweite lyrische Schwerpunkt dieses imposanten Spätwerks auch ein Lobgesang auf ein höheres Wesen, wahlweise auf Gott oder Allah, das nicht ignoriert werden darf – weil es uns vor noch größeren Katastrophen bewahrt.

Davon handeln „He Is True“ oder das Titelstück „King Of A Land“: „Das ist das wichtigste Thema meines Leben – und deshalb muss ich darüber schreiben“, sagt Cat Stevens. „Interessanterweise ist mir der Song kurz vor Ankündigung der Krönung von Charles III. eingefallen. Das mag Zufall sein, aber im Text findet sich tatsächlich eine Botschaft für alle, die eine Machtposition innehaben. Nämlich sich immer daran zu erinnern: Da steht noch jemand über dir – und allein deshalb solltest du dich gut um die Leute unter dir kümmern.“

Yusuf hat zu seinem alten musikalischen Ich zurückgefunden

Eine charmante Warnung: filigran, harmonisch, unaufgeregt – und umso einprägsamer. Zwar findet sich unter den neuen Stücken kein Ohrwurm vom Kaliber „Wild World“ oder „Moonshadow“, und doch ist „King Of A Land“ sein stärkstes Album seit dem Comeback von 2009.

Yusuf hat zu seinem alten musikalischen Ich zurückgefunden, zum Singer-Songwriter, der Akustik-Folk mit opulenten Orchesterklängen kombiniert und auch mal in Rock und Sixties-Beat vorstößt. Auf, zugegeben, unnachahmliche Weise: „Ich denke, der Sound war schon immer mein Markenzeichen. Und er sorgt dafür, dass ich nicht in einem bestimmten Genre feststecke, was ich langweilig finden würde. Zudem ist das Akustische elementar, um persönliche Botschaften besser zu vermitteln.“

Was Cat Stevens hier beschreibt, ist nichts anderes als die Rückkehr der Katze. Eine Vorstellung, die den Künstler sichtlich amüsiert. Und die eine weitere Seite seiner Persönlichkeit zum Vorschein bringt: einen ausgesprochen humorvollen Menschen.

Mit den Augen einer Katze

„Ich bin einmal mit einem Mädchen ausgegangen, das meinte, ich hätte die Augen einer Katze“, setzt Cat Stevens an: „Das ist hängengeblieben. Und ich bin ein richtiger Schmusekater. Nur: Wenn man mich zu lange knuddelt, verziehe ich mich. Ich mag auch nicht zu viele Menschen auf einmal. Ich schätze, ich habe tatsächlich etliche Charakterzüge einer Katze.“ Scharfe Krallen inklusive.