Köln. Fast zweieinhalb Stunden lang verzauberte Superstar Beyoncé ihr Publikum im ausverkauften Kölner Stadion. Das waren die Highlights der Show.

„We got News for you – America has a problem“ verkündet um kurz nach 22 Uhr eine Stimme aus dem Off. Amerika hat tatsächlich viele Probleme. Aber Amerika hat auch Beyoncé. Verglichen mit ihr wirkt Superwoman wie eine Mitarbeiterin des Arbeiter-Samariterbunds.

Fast zweieinhalb Stunden lang reist die 41-Jährige im ausverkauften RheinEnergieStadion durch ferne Galaxien, Gemälde und Militär-Camps, Medien-, Roboter- und Unterwasserwelten. Die Show zu ihrer „Renaissance World Tour“ ist grandios. Dass das, was sie, in sechs Akten und 34 Stücken, präsentiert, spek-ta-ku-lär werden würde, war schon im Vorfeld klar. Ein Mix aus Mega-Modenschau, Top-Technik und bombastischem Bühnenzauber.

Taktgenaue Choreografien zu Pop, R&B und Hip-Hop

Aus taktgenau getimten Choreografien für 18 Tänzer und Tänzerinnen, Break-Dance-Einlagen und Band-Performances, Pop, R&B und Hip-Hop. Um das zu präsentieren, haben Beyoncé und ihr Team weder Kosten und Mühen gescheut. Alles soll und muss perfekt sein. Bis hin zu der Tatsache, dass Presse-Fotografinnen und Fotografen vor Ort nicht zugelassen sind. Ausgewählte Motive werden den akkreditierten Medien hinterher vom Veranstalter gratis zur Verfügung gestellt.

Der rechteckige Aufbau, der die ganze Bühnenbreite ausfüllt und in der Mitte eine torförmige Öffnung aufweist, erinnert aus der Ferne an einen Arc de Triomphe im Querformat. Eine gigantische LED-Spielwand, die zuerst im Hellblau eines Sommerhimmels erstrahlt. Darauf getupft, wie rosa Sahnebaisers, kleine Wolken. Um sich anschließend, so wie bei Malen nach Zahlen, in lauter Quadrate aufzuteilen, die, nach und nach, Geviert um Geviert, das Bild jener Göttin enthüllen, um die es hier geht: Beyoncé Giselle Knowles-Carter. In liegender Pose, kurvenreich, tief dekolletiert, verführerisch.

Beyoncé begrüßt ihr Publikum: „Hello, I love you“

Und dann steht sie im Original vorne am Bühnenrand. Scheinbar in einem mit weißen Perlen bestickten Kleid im Look der 1930er, das sich aber als raffiniert geschneiderter Catsuit entpuppt, und eröffnet die Show mit einem „Hello, I love you“ und der Empfehlung, man möge alle Aspekte des Lebens genießen. Ihr blondgelocktes Haar umweht sie, als stünde sie am Bug eines Schiffes. Schon da ist man ihr verfallen. Ihr und ihrer Stimme, die sie modelliert und moduliert, Seide, Stahl und Honig, mal Tigerin, mal Engelsfrau, heller Jubel, tiefes Knurren, üppige Fülle, formvollendet gepaart mit Empfindsamkeit. Das wird bis zum Schluss so bleiben.

Wenn sie um 22.13 Uhr zur ersten (und letzten) Zugabe „Summer Renaissance“ auf einem glitzernden Pferd durch die Lüfte gleitet, über den Innenraum und das mittige Laufrondell mit seinen drei Zwischenbühnen hinweg. Ein silbernes Idol, umhüllt von Sternenstaub, das die höchsten Höhen erreicht hat. Gleichrangig mit einer anderen, der ebenfalls im Olymp des R&B ein Platz in der ersten Reihe gebührt.

Tribute to Tina Turner und Beyoncés Tochter Ivy Blue

Ihr zu Ehren hat sie, seit dem 26. Mai, „River Deep, Mountain High“ ins Programm genommen: „This is for you, Tina.“ Der Nachwuchs steht indes schon in den Startlöchern: Ivy Blue (11), die Tochter von Beyoncé und Jay Z. Bei „My Power“ aus „Der König der Löwen“ reiht sie sich wie selbstverständlich in die Riege der Tänzerinnen und Tänzer ein. Und bekommt dafür einen gewaltigen Applaus, der dem für ihre Mutter in nichts nachsteht. Verglichen mit ihrer berühmten Mutter ist sie allerdings, in Sachen Karriere, spät dran. Beyoncé hatte schon mit neun Jahren eine eigene Tanz- und Gesangsgruppe.

Musikalisch reicht die Palette mit „Dangerously in Love 2“, „Flaws and All“ und „1+1“ von den Anfängen bis zum neuen Album „Renaissance“ (2022). Schon ehe 2003 Beyoncés Solo-Debüt erschien, war sie, als Mitgründerin der Girlgroup „Destiny’s Child“, ein Megastar. Auch diese Zeit klammert sie nicht aus, etwa mit Versatzstücken von „Carter 2 U“ oder „Say My Name“.

Beyoncé entsteigt zu „Virgo´s Groove“ einer Muschel

Im Renaissance-Universum dreht sich eine riesige Discokugel, auf der LED-Leinwand erscheinen Aliens wie aus Quecksilber geformt, Harpyien reiten auf Raketen, borghafte Wesen treiben verkabelt unter Wasser. Als Botticelli-Venus im durchsichtig glitzernden Catsuit, bei dem aufgenähte schwarze Hände die Intimzonen bedecken, entsteigt Beyoncé zu „Virgo´s Groove“ einer Muschel, bei „Heated“ wird sie von Roboterarmen befächelt und von einem Wald aus Mikrofonen umzingelt. „America Has a Problem“? Die Welt hat Beyoncé.

Am 10. Mai startete Beyoncé in Stockholm ihre 9. Welttournee. Bis zum 27. September stehen insgesamt 57 Konzerte in Nord-Amerika und in Europa auf dem Programm. Ihren Titel verdankt die Tour dem Album „Renaissance“, das Ende Juli letzten Jahres erschien. Es ist Beyoncés siebtes Studio-Album. In Deutschland kam es bis auf Platz 2 der Charts, in Großbritannien und in den USA belegte es Platz 1.