Bonn. Josephine Baker, die Menschenrechts-Aktivistin, Gleichberechtigungs- und Widerstandskämpferin – unbekannte Seiten einer Stil-Ikone in Bonn.

Ab 1927 war sie die bestbezahlte und meistfotografierte Frau der Welt. Prinzen, Kunstgenies und Finanzkönige lagen ihr zu Füßen. Aber als sie 1935 ihr erstes Gastspiel in New York gab, wurde sie, von Hotels abgewiesen, in Restaurants nicht bedient. Mit „Josephine Baker. Freiheit – Gleichheit – Menschlichkeit“ erinnert die Bundeskunsthalle an die Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin, die auch Geschäftsfrau, Widerstandskämpferin und Bürgerrechtlerin war. Und zur Ikone der LGBTQ-Community wurde.

„Die Schau ist nicht streng chronologisch aufgebaut“, erläutert Katharina Chrubasik, die die Ausstellung mit Mona Horncastle kuratiert hat, „wir haben stattdessen verschiedene Themenbereiche geschaffen.“ Insofern kann man zwischen den in Lila, Sonnengelb, Olivgrün oder Mauve gestrichenen Wänden frei umherstreifen, immer wieder gebannt stehenbleiben. Vor einer Filmaufnahme, die „die schwarze Venus“ auf der Bühne zeigt, mit wippendem Röckchen, schwarz umrandeten Augen. Eine Frau, die ihren eigenen Stil entwickelt hat: aus afrikanischem Tanz, amerikanischem Gesellschaftstanz, freier Improvisation und einem Minenspiel, das rassistische Klischees parodierte: schielend, mit den Augen rollend, „wild“ grimassierend.

In Frankreich ist Josephine Baker eine Nationalheldin

„Vor zwei, drei Jahrenhätten sich viele Leute gefragt: ,Eine Ausstellung über eine Afroamerikanerin, die in einem Bananenröckchen auftritt und tanzt, wie rassistisch ist das denn?’“, sagt Co-Kuratorin Mona Horncastle. „Aber Josephine Baker ist viel mehr als eine Tänzerin in einem fragwürdigen Kostüm. Nachdem fast 100 Jahre der Bananenrock im Vordergrund stand, rückt endlich ihr Einsatz für Freiheit und Gleichheit als universelle Menschenrechte in den Vordergrund. Das war eine Pionierleistung.“ Die am 30. November 2021 auch Frankreich würdigte: als sechste, und erste nichtweiße, Frau wurde „la Bakeire“ in die Ruhmeshalle des Landes, das Panthéon in Paris aufgenommen. Seitdem gilt sie offiziell als Nationalheldin.

Plakate zeigen sie als „Die Königin von Paris“, „La Princesse TamTam“ oder Star der Revue „La Folie du Jour“, der Verrücktheit des Tages. Man staunt mit ihr darüber, dass sich „In Paris Männer und Frauen auf der Strasse küssen“, man begegnet Kuriositäten wie dem roten Holz-Elefanten, der als Fotorequisit diente, aber keineswegs, wie propagiert, aus Afrika stammte, sondern aus Österreich. Programmhefte, Postkarten und Tagebucheinträge erinnern an Gastspiele, Bakerfix, Bakeroil und Bakerlotion heißen die Produkte der Bakerschen Kosmetikserie. Künstler wie Paul Klee, Henri Matisse oder Alexander Calder verewigten sie in Zeichnungen, Collagen oder als Drahtskulptur.

Das Erkennungslied der Résistance, des französischen Widerstands

„Josephine Baker ist, nach Hannah Arendt und Simone de Beauvoir, die dritte Position in unserer Frauenreihe“, sagt die Intendantin der Bundeskunsthalle, Eva Kraus, „gleichzeitig passt sie sehr gut in den Kontext unserer zurzeit laufenden Ausstellung über die 1920er Jahre.“

1925 kommt die 19-jährige Josephine Baker als Mitglied der Kompanie „La Revue Nègre“ in die französische Hauptstadt, als Kind in St. Louis, Missouri (USA) hat sie Armut und Rassenunruhen erlebt. Auf dem Audioguide erklingt ihr unsterbliches Chanson „J’ai deux amours“, das zum Erkennungslied der Résistance, des französischen Widerstands, wurde, für den sie Geheiminformationen ins Ausland schmuggelte.

Inspiration für Diana Ross, Grace Jones, Beyoncé und Rihanna

Als Unterhalterin für die US-amerikanischen Streitkräfte setzt sie durch, dass schwarze und weiße GIs nebeneinander sitzen: „Es gibt nur eine Rasse, die menschliche Rasse“. Später macht sie sich für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung stark, mit ihrer „Regenbogenfamilie“, zwölf adoptierten Kindern aus verschiedenen Kulturen, lebt sie Gleichheit. Auf einem Podest, hinter Glas dreht sich ein rosaweißer Traum aus Pailletten und schaumigen Straußenfedern: das Kostüm ihres letzten Auftritts am 8. April 1975 in Paris. Wenige Tage später erlag sie einem Schlaganfall.

Als Pionierin hat sie Diana Ross, Grace Jones, Beyoncé und Rihanna inspiriert. Oder Naomi Campbell, die 1988 für die „Vogue“ im Josephine Baker-Look posierte. „Jo“, wie ihre Clique sie nannte, hatte auch weibliche Geliebte, ging Verbindungen mit Lesben und Schwulen ein. Für queere Menschen wurde sie zur Ikone. Kaum eine Diva strahlte je mehr aus als sie.


>>> Die Ausstellung <<<

„Josephine Baker. Freiheit – Gleichheit - Menschlichkeit“ ist bis 24. September in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Bundeskunsthalle), zu sehen – Helmut-Kohl-Allee 4, 53113 Bonn. Öffnungszeiten sind Di. 10-19 Uhr, Mi. 10-21 Uhr, Do. bis So. 10-19 Uhr. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro.

Der Katalog (128 Seiten) kostet 24 Euro (Museum), 32 Euro (Buchhandel). Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. Mehr Infos: www.bundeskunsthalle.de