Bochum. Eintauchen in die Kunst: Das Bochumer Museum unter Tage zeigt immersive Kunst der Gegenwart – wer eintaucht, soll auch wieder auftauchen.
Wenn Kunst als fesselnd empfunden wird, wenn sie uns gefangen nimmt, gilt das meist als Qualitätsmerkmal. Aber der Begriff ist fast so zweischneidig wie es die vieldiskutierten Lieferketten sind, mit denen man sich ja ebenfalls fesseln kann. Ähnlich verhält es sich mit dem Eintauchen in der Kunst: Wer vergisst, den Kopf auch wieder hochzunehmen, durchzuatmen, vernebelt sich das Bewusstsein. Oder bringt sich um die Reflexion eben dieser Kunst-Erfahrung.
Wenn im Bochumer Museum unter Tage nun das „Eintauchen in die Kunst“ beschworen wird, ist es immer auch mit dem Auftauchen, dem kritischen Verarbeiten verbunden. Wie bei jenem „Mandi XXI“ des Belgiers Kris Martin, das uns im Foyer empfängt: eine Anzeigetafel, wie sie vor der Erfindung von Leuchtdioden und LED in jedem Flughafen hing; wer das vertraute Klackklackklack-Kurzkonzert der vielen kleinen Buchstaben- und Zahlen-Täfelchen hört, ist sofort in der Flughafenwelt von gestern – aber halt! Die Anzeigentafel zeigt gar nichts an, null, nüscht, niente. Game over. Als hätten wir wieder Pandemie. Oder Klimaschadensregulierung.
Anys Reimanns „Duftmaschine“ und Bruce Naumans Wortwiederholung „Für Kinder“
„Die in Köln lebende Anys Reimann hat für die Ausstellung eine „Duftmaschine“ gebaut, die wie eine Mischung aus Laborapparat und Giganten-Lungenflügel daliegt. Ihren Lieblingsduft Patchouli hat Reimann mit einigen anderen Ingredienzien zu einer wilden Mischung angereichert. Vor ihren Hautpartie-Collagen auf Leder legt der Duft eine Spur von Identität.
Bruce Naumans Klangarbeit „Für Kinder“ ist wieder was zum Hören, wenn auch sehr wiederholungslastig; Erika Hocks Environment dagegen ist Wohnkunst, auf der man sich auch niederlassen kann. Auch in Olafur Eliassons simplen Lichtkunstwerk „Schattenprojektionslampe“ (2004) geht es um das Wechselspiel von Faszination und Bewusstsein – ganz ähnlich wie in Gianni Colombos „Zoom Quadraten“ in den Pavillons der nahen „Situation Kunst“ über Tage. Nach dem gespenstischen Film von Monira Al Qadiri, dessen Kamera einen Miniatur-Nachbau einer Ölraffinerie umkreist, wartet der Virtual-Reality-Helm von Florian Meisenberg. Der Künstler, der seit seinem Düsseldorfer Akademie-Abschluss in New York lebt, lässt Menschen mit Avataren ihrer Hände in die künstliche Wirklichkeit eingreifen – und währenddessen sehen alle anderen die Avatare auf einem Bildschirm, der in einen hängenden Teppich integriert ist. Im virtuellen Bild sorgt etwa ein Tuch mit Bundesadler und „Arbeitsamt“-Schriftzug dafür, dass man der wirklichen Wirklichkeit nicht entkommt.