Bochum. „Ruhr Ding“ zum dritten: Die Urbanen Künste Ruhr haben 22 Kunstprojekte für 2023 im südlichen Revier organisiert. In Mülheim, Essen und Witten.

Britta Peters, der künstlerischen Leitung der Urbanen Künste Ruhr, ist die Erschöpfung deutlich anzuhören. In diesem Jahr läuft das letzte ihrer drei „Ruhr Ding“-Festivals für Kunst in den Städten des Ruhrgebiets. Das bürokratische Dickicht wie das örtliche Beharrungsvermögen hätten die Arbeit seit 2018 „sehr mühselig“ gemacht, viel Kraft und Zeit gekostet. Sie scheint sich nach einem anderen Format als dem der temporären Kunst zu sehnen: „Ich bin es leid, die Dinge immer wieder abbauen zu müssen.“

Nach den Leitmotiven „Territorien“ und „Klima“ ist es in diesem Jahr der „Schlaf“ als roter Faden, der die ortsspezifisch entstehenden Werke miteinander verbinden soll – zumal es am Beginn der Kohle- und Stahlkrise mal die Befürchtung gab, das Revier könnte zu einer großen Schlafstadt werden. Letztlich aber geht es um den Schlaf in einer Zeit, die in einer Sieben-Tage-Woche 24 Stunden täglich unter Strom steht und im neoliberalen Zeitgeist die Trennung von Arbeit und Freizeit geschleift hat.

Der „Healing Complex“ von Irena Haiduk in Gelsenkirchen-Erle geht weiter

Diesmal liegt der Schwerpunkt im südlichen Ruhrgebiet; es soll 22 ortsspezifische Werke von 19 Kunstschaffenden und Kollektiven geben, vor allem in Mülheim, Essen und Witten. Zudem läuft der „Healing Complex“ von Irena Haiduk in der ehemaligen St. Bonifatius-Kirche im Gelsenkirchener Stadtteil Erle weiter: Neben einer allgemein zugänglichen Backstube ist hier nun eine Champignonzucht entstanden, die dem Nachbarschafts-aktivierenden Werk den Untertitel „Myconomy“ verschafft hat, als Mischung aus Pilzkunde (Mykologie) und Ökonomie.

In Mülheim werden mit der in der Alten Dreherei angesiedelten „Home Movie Factory“ von Michel Gondry Gruppen bis zu 15 Leuten ihre eigenen Filme drehen können, von Krimi über Love-Story bis Science Fiction. „Hier gibt es schon viele Anmeldungen“, versicherte Britta Peters. Nik Nowak wird unter der Konrad-Adenauer-Brücke über die Ruhr ein riesiges Sound-System aufbauen, um Hörspiele und Sendungen zur Kultur von Soundsystemen (etwa in Jamaica und Brasilien) auszustrahlen. Im Museum für Fotokopie im „Macroscope“ soll es ebenfalls eine Soundinstallation geben. Viron Erol Vert wird den leeren Kiosk am Rathausplatz in bunten Farben erstrahlen lassen und auf dem Dach einen Spiegel anbringen, der ihn von oben unsichtbar machen soll.

Melanie Manchot zeigt Nachtarbeit vom Stahlwerk bis zum Tanz-Club

Spektakulär wird es im Essener Stadtteil Steele, wo Stephanie Lüning ihre schrillbunten Schaummassen loslassen wird, die aus Spülmittel und ökologisch abbaubaren Farben bestehen. Im ehemaligen Wertheim-Kaufhaus wird es um Bergbau im Weltall, die luziden Träume der Schriftstellerin Kameelah Janan Ra­sheed sollen in ein großflächiges Bild auf der Fassade des Kaufhauses münden. Im alten Teil des Wasserwerks von Witten soll auf einer großen LED-Wand eine Flusslandschaft aus den Bewegungsdaten des Publikums entstehen, ebenso Kompositionen von einem elektrischen Klavier. Ein Film von Melanie Manchot zeigt Nachtarbeit vom Stahlwerk bis zum Tanz-Club.

Zu den Werken soll es wieder die beliebten „Irrlichter-Touren“ geben – mehr unter www.urbanekuensteruhr.de