Düsseldorf. In einem launigen Zwei-Personen-Stück nähert sich ein ungleiches Paar so langsam an – „die Tanzstunde“, zu sehen im Düsseldorfer Capitol-Theater.

Senga, einst eine erfolgreiche Broadway-Tänzerin, hat das rechte Bein in einer Orthese. Innen- und Kreuzbandriss. Das war’s wohl mit der Karriere. Frustriert und depressiv hängt zu Hause rum. Ever, ein hochintelligenter Professor mit Superhirn ist infolge des Asperger-Syndroms Autist und zu alltäglichen, „normalen“ Beziehungen unfähig. Panische Angst hat er vor Berührungen jeglicher Art. Wie kommen die beiden Welten zusammen? Darum geht‘s in der tragischen Komödie „Die Tanzstunde“ von Mark St. Germain, die jetzt in der Komödie (am Ersatzspielort Capitol) Premiere feierte.

Heiter berührendes Stück

Dem US-amerikanischen Autor gelingt ein heiter berührendes Zwei-Personen-Stück über die Art, wie ein ungleiches Paar zueinander findet. Sicherlich kein aufgekratztes Boulevard-Stück mit Lachsalven am laufenden Band, sondern ein nachdenklich hintergründiges Drama über zwei menschliche Schicksale.

Als Komödie nur machbar mit guten, extrem wandlungsfähigen Darstellern. Und die stehen in Madeleine Niesche und Ralf Stech auf den Brettern. Sie verhindern, dass sich die graue, trübe, manchmal deprimierende Stimmung auf die Zuschauer überträgt und sorgen dafür, dass sich trotz allem Humor breitmacht.

Eins, zwei, drei. Eins, zwei drei. Ever muss Tanzen lernen, da er bei der Verleihung eines Wissenschafts-Preises eine Dankesrede halten soll und danach den Tanz eröffnen muss. Ausgerechnet er. Nun wohnt Ever Gottlob in einem Gebäudekomplex mit Senga. Beinah Tür an Tür. So bittet er die wegen der Verletzung frustrierte Nachbarin um Hilfe. Und eine Tanzstunde mit Hindernissen setzt ein, zwischen Sofa, Bett und Telefon. Klar, dass sich die zwei beim Paartanz näherkommen (müssen). Und dass, man ahnt es schon, allerlei Hindernisse auftauchen, die nur langsam beiseite geschafft werden und die Tanz-Lektionen einen anderen Ausgang als geplant haben.

Doch keine Angst vor Freizügigkeit! Selbst wenn die beiden nach manchen Annäherungsversuchen die Kleider behutsam ausziehen, bleibt’s jugendfrei und diskret. Reif, gut gemeint und altmeisterlich gibt sich Regie von Heinz Kreidl, fordert aber von den Darstellern nur wenig unerwartete (Re-)Aktionen. Ganz zu schweigen von energetischem Schwung und Spannung.

Alle Register gezogen

Aber allein das schauspielerische Können lohnt den Besuch des Stücks. Denn Madeleine Niesche – im Erst-Beruf Leiterin der Komödie – zieht alle Energie-Register, um den notorisch verkopften und verstockten Querkopf Ever Leben einzuhauchen. Sie überzeugt ebenso als Tänzerin, die alles versucht, um wieder auf die Bühne zu kommen.

Die größte Wandlung macht aber Ralf Stech (Ever) durch. Anfangs kann er Senga nicht ansehen, geschweige denn ihre Hand berühren. Nur ganz allmählich weicht er auf, rattert nicht mehr ganz so schnell – wie zu Beginn - wissenschaftliche Definitionen runter. Und bricht Stück für Stück den Panzer auf, den er sich seit seiner Kindheit zugelegt hat. Er berührt, weil er zeigt, wie ein erwachsener Mann die mühsam erbauten Barrieren um ihn herum schmerzvoll niederreißt, sich befreit und zum Menschen wird. Dabei schaut und blinzelt er sich selber zu. Und verbreitet eine Leichtigkeit. Herzlicher Applaus.

Bis zum 12. März, dann jeweils eine Woche um März und April auf dem Spielplan. Tel. 0211 / 863 225131. Weitere Infos unter Tickets auf www.duesseldorf-komoedie.de.