Düsseldorf. Beim Sternzeichen-Konzert in der Düsseldorfer Tonhall wurde Haydns „Jahreszeiten“-Oratorium von einem begeisterten Publikum bejubelt.
„Gellender Hörnerschall“, der den ganzen Wald „durchklingt“, Hirsche springen auf, danach sorgt „brausender Most für Fröhlichkeit und Lustgeschrei“… Der Herbst ist nicht nur farbenfroh, sondern in dieser Zeit geht’s beim „Landvolk“ zur Sache. Nach lieblichem Frühjahr und sengender, lähmender Sommerhitze mit „schwüler Luft“ dominieren jetzt Heiterkeit und Partystimmung. So deuten zumindest Joseph Haydn und sein Librettist von Swieten in „Die Jahreszeiten“ die kurzen Herbst-Wochen (vor klirrendem Winter), in denen die Ernte eingefahren und die Mühsal von Frühjahr und Sommer belohnt wird.
Das Oratorium aus der Feder des Wiener Klassikers wurde am Freitag, beim ersten „Sternzeichen“-Durchlauf, in nahezu voll besetzter Tonhalle, bejubelt. Nach drei langen Stunden war das der Lohn für Ausdauer und Mühen der Symphoniker, der drei exquisiten Solisten und der engagierten Amateur-Sänger des Städtischen Musikvereins. Klar, dass mit Adam Fischer der derzeit wohl renommierteste Fachmann für authentischen, frischen Haydn-Sound am Pult steht – mal wieder ohne Noten vor Augen, trotz ausufernder Länge dieses Opus‘ Magnum.
Der Kreislauf der Natur
Insgesamt halten Streicher und die Blasinstrumente die Spannung in diesem wenig frommen, dafür naturbeschreibenden „Oratorium“: Meister Haydn feierte damit vor 220 Jahren den Kreislauf der Natur mit ihren Temperatur- und Stimmungswechseln geradezu hymnisch. Angeregt wurde Haydn von der gleichnamigen Dichtung des österreichischen Geheimrats Gottfried von Swieten, der sich wiederum am englischen Gedichtzyklus „The Seasons“ orientierte. Darin beschönigen die Autoren, nach allen Regeln des späten 18. Jahrhunderts, die Wechsel der rauen Jahreszeiten, verklären und verherrlichen das bäuerliche Leben auf dem Land.
Notwendig sind – auch fürs Publikum -- Konzentration und Ausdauer; denn diese „Jahreszeiten“ (nicht zu verwechseln mit Vivaldis Tondichtung) ziehen sich ganz schön in die Länge, sind aber voller musikalischer Ideen und Überraschungen, von denen der betagte Haydn nach zweijähriger Arbeit mal sagte „Sie haben mir den Rest gegeben.“ Lieder, Arien, Duette, Terzette, mit und ohne Chor und Orchester ranken sich um eine recht dürre Handlung: Dabei dreht sich alles um den Pächter Simon (Bariton Miklós Sebestyén), seine Tochter Hanne (Sopran Anna Dennis) und den jungen Bauern Lukas (Tenor Uwe Stickert).
Solisten veredeln den Abend
Die drei Solisten, die den Abend zu einem Sängerfest veredeln, sitzen im Orchester und lassen ihre intensiven, lyrischen Stimmen mit unverwechselbarem Timbre strömen, aufblühen und abschwellen. Mühelos und ohne hörbaren Ansatz. Perfektion und gediegener Wohlklang vereinen sich – besonders beim Oratorien-, Bach- und Mozart-Tenor Sticker, dessen körperloser Gesang in die Tonhallenkuppel aufsteigt. Noch mehr bezaubert die britische Sopranistin Dennis durch Leichtigkeit, extreme stimmliche Biegsamkeit und immense Leuchtkraft, selbst in den Stratosphären-Tönen.
Lebendig, energetisch und zunehmend rein intoniert spielen auch die Symphoniker. Der Clou: theatralische Momente, in denen sich einige der Holz- und Blechbläser ihren angestammten Platz verlassen. So schmiegt Solo-Oboistin Gisela Hellrung, in der Sommer-Sopran-Arie „Welche Labung“, ihren warm fließenden, balsamischen Klang an die Sängerin an, beinah wie in einer Liebeserklärung. Und im Chor von ‚Landvolk und Jäger‘ beschallen vom Rang aus sechs extrem sauber intonierte, wackelfreie Hörner den Saal, schicken Echo-Rufe von einer zur anderen Rang-Seite und beleben die Düsseldorfer Tonhalle für kurze Zeit mit einer munteren, herbstlichen Halali-Stimmung.
Ein Wetterbericht wird zumeist mit großem Interesse verfolgt. Er wird nicht langweilig. So ist es auch mit der poetischen Schilderung der Wunder und Launen der Natur, die dank Haydns bezaubernder Musik stets interessant und unterhaltsam ist. Die Düsseldorfer Symphoniker spielen „Die Jahreszeiten“ noch einmal am Montag, 12. Dezember.
Weitere Informationen über dieses und weitere Konzerte im Netz unter www.tonhalle.de.