Dortmund. Die 1600 bildenden Künstler NRWs haben zum ersten Mal eine gemeinsame Landesausstellung: 127 Werke von 127 Kunstschaffenden sind zu sehen.
Neun Bezirke zählt der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) in Nordrhein-Westfalen, und schon die Tatsache, dass sie alle jetzt zusammen im Dortmunder Museum Ostwall eine Landeskunstausstellung zuwege gebracht haben, ist eine Leistung: Malerei, Grafik, Zeichnungen und Fotografie sind zu sehen, aber auch Videos, Bildhauerei, Keramik, Lichtkunst und Installationen: Die 1600 Mitglieder im Landes-BBK waren eingeladen, Werke einzureichen, die sich mit den „globalen Herausforderungen“ von Krieg bis Klimawandel auseinandersetzen. 246 Werke wurden eingereicht, die Jury wählte schließlich 127 aus.
Ali Reza Javadi: Aus Kronkorken werden Augen
Die Eindeutigkeit, die vom Ausstellungstitel „Klare Kante“ gefordert wird, erreicht manches Werk dieser Ausstellung allerdings durch eine eher eindimensionale Machart: Die wohlmeinende Botschaft ist mit künstlerischen Mitteln mehr oder minder plakatiert, und man freut sich, wenn ein Zwinkern dabei ist wie in Klaus Kaufmanns „Gehirnwäsche“, in der rostige Nägel durch einen kaum minder rostigen Fleischwolf gedreht werden. Oder über die 1001 Augen, die Ali Reza Javadi fast am Ende des Ausstellungsparcours an die Wände eines engen Gangs geheftet hat – sie bestehen aus zusammengekniffenen Kronkorken mit Glaskugeln darin – und bringen mit einer Spielanleitung die heute gängige Überwachung, unsere Mitwirkung daran und die lauernden Drohungen aufs Tapet. Mit böser Ironie macht das kinetische Objekt von Roland Hermanns aus den Buchstaben „KLIMA“ ein „AMOK“.
Eva Vahjen: Ein Kleid aus lauter Kassenbons
Die Ausstellung ist in sechs Kapitel gegliedert, „Ich setze ein Zeichen“ etwa oder „Ihr könnt doch auch mal was tun“. Die Nähe zum Aktivismus ist gewollt. In der kritischen Schärfe, aber auch in der Dimension herausragend ist das „to be“-Kleid von Eva Vahjen, das 3,80 Meter hoch an der Decke hängt, eine Art Messgewand, das allerdings aus Tausenden von Kassenbons besteht, in Pappmaché-Art. Dagegen machen Werktitel wie „Ohne Kunst und Kultur verblassen wir“ das Bild dazu fast überflüssig. Auch die Antikriegskunst bedient sich hier oft der schlichten, sehr eindeutigen Symbole, deren künstlerische Verarbeitung mehr ein gelungener Dekor bleibt.
Umso gelungener wirkt Ulrich Hamanns kunstvoll verfremdetes Porträtfoto „Sonja07“, auf dem Eros und Thanatos eine sehr gespenstische Verbindung eingehen. Oder Anja Schindlers babyblauer „Blickwinkel“-Schrank, in dem Präparat-Gläser, Tuschzeichnungen und antiquarische Blätter von forschender Vergänglichkeit erzählen. Und auch die expressive Kettensägen-Arbeit des Bochumers Horst Dieter Gölzenleuchter vermag in ihrer subtilen Botschaft zu überzeugen.
Für Abwechslung ist auf diesem NRW-Parcours also allemal gesorgt.