Düsseldorf. Beim Sternzeichen-Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle begeisterten am Samstagabend Alpesh Chauhan und Kit Armstrong mit Tschaikowsky und Liszt.
Gerade mal 32 ist Alpesh Chauhan. Und dirigiert wie ein „alter Hase“. Lässig, sportlich, cool, musikalisch auf den Punkt und ohne jugendliche Aufgeregtheiten wie rudernde Arme oder Hampeleien. Seit knapp anderthalb Jahren als erster Gastdirigent häufig bei den Sternzeichen (Abokonzerten) zu erleben, glänzte der junge Brite, den King Charles III. am vergangenen Mittwoch in London zum „Officer of the Most Excellent Order of the Britisch Empire“ ernannte, wieder mit Sicherheit und Souveränität.
Dramatisches Ende
Im Umgang mit den Musikern und mit „Tschaikowsky“. So der Titel des Konzerts in großer Symphoniker-Besetzung, bei dem Chauhan nicht nur dessen berühmte „Pathétique“, sondern auch die symphonische Ballade „Der Wojewode“ aufführt. Letztere ein seltsam dunkles Werk und Rarität auf Programmzetteln. Chauhan, auch Gast bei zahlreichen europäischen Top-Orchestern und Musikdirektor der Opera Company in seiner Heimatstadt Birmingham, setzt gerne auf große Gefühle. Dramatische, effektvolle Akzente setzt er in Tschaikowskys sechster Symphonie, die an eine schwerblütige Oper erinnert. In dem finalen Andante Lamentoso nimmt der russische Tondichter, der damals seine Homosexualität unterdrücken musste, sein eigenes Ende vorweg: Neun Tage nach der Uraufführung 1893 starb Tschaikowsky, unter bis heute ungeklärten Umständen.
Das Schwanken des russischen Tondichters zwischen himmelhoch jauchzender Zuversicht und depressiver Betrübtheit führen die Symphoniker unter Chauhans präzisen, manchmal auch bewegenden Einätzen plastisch vor Augen und Ohren. Hohe und tiefe Streichergruppen und die Holzbläser (allen voran die Solo-Klarinette) geben ihrem Dirigenten, was er hören will: schwebende Intonation, die in Tschaikowskys Gefühlswelten führt.
Doch der Brite, der alle Instrumente-Gruppen im Blick hat und sie aufblühen lässt, hütet sich und die Musiker vor triefender, kitschiger Sentimentalität. Betroffen schweigen die Besucher in der fast ausverkauften Tonhalle einige Sekunden nach dem die Kontrabässe den letzten Takt ausgehaucht haben. Und erst allmählich setzt der (später stürmische) Applaus ein.
Ebenso begeisterte Reaktionen entlockte Kit Armstrong mit seiner eigenwilligen Interpretation des ersten Klavierkonzerts von Franz Liszt. Das Es-Dur-Opus lädt eigentlich zum Losdonnern und knallender Tastenprahlerei ein. Dass der 30-jährige zartgliedrige Amerikaner etwas ganz anderes im Schilde führt, konnte man durch die Wahl des Klaviers erkennen. Statt auf einem üblichen Steinway spielte Kit Armstrong auf einem Bechstein-Flügel. Und entlockte diesem Instrument sensible Klangfarben und lyrische Zerbrechlichkeit, die mit diesem Liszt-Konzert meist nicht in Verbindung gebracht werden.
Feinherbe Mozart-Praliné
Mit seiner romantisch-verträumten Deutung überraschte Armstrong die Abonnenten, die ihn feierten. Wenn den virtuosen Kaskaden mehr Wucht auch gutgetan hätten. Mit einer feinherben Mozart-Praliné belohnte der Pianist den Applaus. Ein Stück, das nur zu Beginn nach Mozart klingt, später durch ein starkes Fugato an Bach erinnert.