Köln. Mit Sigur Rós auf dem Highway nach Reykjavik: Die Isländer lieferten in Köln ein furioses Konzert ab: klang, bild- und emotionsgewaltig.
Isländisch ist eine seltene Sprache. Vonlenska ist eine Sprache, die noch seltener ist. Erstere sprechen auf der erdgrößten Vulkaninsel rund 300.000 Menschen. Letztere singt nur einer. Die gute Nachricht: Um ein Konzert von Sigur Rós zu genießen, muss man weder das eine noch das andere verstehen. Man muss nur hören und sehen und fühlen können.
Die schlechte Nachricht: Auch Konzerte von Sigur Rós enden. Wobei im Kölner Palladium bis zu dieser schmerzlichen Gewissheit mehr als zweieinhalb Stunden vergehen.
20 Minuten Pause, die man beim Konzert in Köln unbedingt braucht
20 Minuten Pause zwischen zwei Programmteilen mit eingerechnet. Die man auch unbedingt braucht. Weil das, was die isländische Band da auf der Bühne zelebriert, so klang- und bild- und emotionsgewaltig ist, dass andernfalls ein Durchschmoren sämtlicher Synapsen zu befürchten stünde. Feuerfunkenregen, Geysir-Gewitter, Herzfaserfalsett. Eine sphärengeröllmassive, elbenstimmige Elegie, irrlichternd im Wirrwarrwald pulsierender Organismen. Takelage für Tiefseelenfischer, industrielle Klopfgeister und fabulierfreudige Feen.
Ein Konzert von Sigur Rós führt durch die Nebel von Avalon
Nein. Die Verfasserin hat nichts geraucht. Aber der Verdacht ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Ein Konzert von Sigur Rós hat etwas Drogenrauschhaftes. Der Highway to Reykjavik führt mitten hindurch durch die Nebel von Avalon.
Was anfangs so melancholisch, so düster und andersweltlich klingt – unverwechselbar geworden durch Jónsi Birgissons Kopfstimme, die von ihm erfundene Singsprache Vonlenska und seine mit Cellobogen gespielte Gitarre – legt in Köln im zweiten Teil an Tempo, Dynamik und Lautstärke deutlich zu.
Die Isländer lassen die Höllenhunde heulen
Beim Finale „Untitled #8“ entfachen Sigur Rós ein wahrhaftes Rock-Inferno. Drummer Ólafur Björn Ólafsson fackelt fast die Felle ab, Keyboarder Kjarri Sveinsson, jetzt mit Gitarre, Birgisson und Bassist Goggi Hólm lassen ihre Höllenhunde heulen. Bis kurz vorm klanglichen Kollaps. Auf der Leinwand explodieren Farben, Thermografiken zerlaufen, Streifen schreddern das Bild. Synapsen durch. Mehr Sigur Rós geht nicht.