Bochum. Das Museum unter Tage zeigt, wie Adolf Luther Kunst mit Licht zu schuf. Mit Werken von Luther selbst und fremden aus seiner eigenen Sammlung.
„Die Malerei ist tot“, das war für Adolf Luther (1912-1990) zu einem echten Glaubenssatz geworden. Es hat freilich gedauert, bis er sich zu jenem Lichtkünstler, jenem Op-Art-Magier entwickelt hat, als der er dann in die jüngere Kunstgeschichte eingegangen ist. Die neue, rückblickende „Licht“-Schau im Bochumer Museum unter Tage spart aber die impressionistischen, die picassoesken und auch die farbfeldmalerischen Anfänge Luthers aus – und beginnt mit seinen Versuchen, das Bild mit einem Spachtelmasse-Auftrag in „skulpturaler Malerei“ auf der Leinwand in den Raum hineinragen zu lassen, wie Kuratorin Eva Wruck es nennt.
Lucio Fontana, Christo, Yves Klein, Marcel Duchamp, Man Ray
Dass sich der in Uerdingen geborene, in Essen zur Schule gegangene Luther damit in bester Gesellschaft befand, zeigen die Werke aus seiner eigenen Kunstsammlung, an die er oft durch Tausch mit anderen Künstlern gelangte. Er tauschte und kaufte, was ihm gefiel, was er für wichtig hielt, und diese Sammlung wird heute in der Krefelder Adolf-Luther-Stiftung gepflegt, die auch Kooperationspartner des Museums unter Tage bei dieser Ausstellung ist. Da wären dann Lucio Fontanas Leinwand-Öffnungen (oder Einschläge auf zwei Aluminium-Platten), eine frühe „Empaquetage“ von Christo, Yves Kleins blau pigmentierte Leinwand, François Morellets rhythmisch-anarchisches Eisendrahtgeflecht auf Holz, eine Collage mit Filmrollen von Man Ray, drei Wunder-Kästen von Marcel Duchamp, eine Konstruktion von Pol Bury mit beweglichen Farb-Elementen, die man nach Belieben verstellen kann. Und, neben einem fast konventionellen Nagelbild, eine Gemeinschaftsarbeit mit Günther Uecker: Da blickt man ausnahmsweise auf die martialischen Spitzen von Ueckers Zimmermannsnägeln, die durch gewölbtes Glas noch vergrößert werden.
Am Ende war es das, worauf Adolf Luther aus war: neue, andere, ja ungeahnte Welt-Sichten. Ab 1962 entstanden „Lichtschleusen“ und Spiegelobjekte, das Licht wurde zum Material der Kunst. Bei der Aktion „Flaschenzerschlagen“ (1968), die in Bochum vor Ort nachvollzogen werden kann, sollte dem Publikum aber auch eines aufgehen, wenn es bereitgestellte Flaschen gegen eine Metallwand warf und das Licht in den wegspritzenden Scherben zu glitzern und schimmern begann. Friedlicher und faszinierender noch muten Luthers Versuche an, mit Laser- und Kunstlicht in abgedunkelten Räumen durch aufsteigenden Rauch (was in den 70ern mit rauchenden Besuchern gelang und heute von Kunstnebelmaschinen übernommen werden muss) völlig neue, zerbrechliche, ja vergängliche Bilder zu erzeugen. Und ein neues Erleben des Raums.
Überhaupt: Manche der Hohlspiegel-Objekte Luthers scheinen in den Raum hineinzuwachsen, andere wiederum bohren sich, so die Illusion, schier in die Tiefen der Wand. Der finale Raum der Ausstellung ist „klassischen“ Luther-Arbeiten vorbehalten; die eleganten Werke lassen immer noch staunen darüber, dass sie bunter werden mit jedem neuen Menschen im Raum, dass sie sich, je nach Perspektive, laufend verändern und unendlich viel zu sehen, ja zu erfahren geben.