Bayreuth. Probleme und Pannen prägen die Premiere der „Walküre“ im neuen Bayreuther „Ring“. Herausragend: Georg Zeppenfeld aus Attendorn.

Die konzeptionellen und handwerklichen Mängel des neuen Bayreuther „Rings“, die sich im Rheingold-Auftakt andeuteten, verdichteten sich in der „Walküre“ so dramatisch, dass lediglich einige herausragende Gesangsleistungen die Premiere vor einem völligen Desaster retteten.

Dazu gehören Lise Davidsen als Sieglinde mit ihrer riesigen, dennoch völlig entspannten und kerngesunden Sopranstimme, Klaus Florian Vogt, der als Siegmund bewies, dass man auch Wagner textverständlich singen kann und der immer zuverlässige und in Hochform auflaufende Georg Zeppenfeld als Hunding.

Wotan Tomasz Konieczny hatte Pech, fiel im zweiten Akt von einem defekten Stuhl und verletzte sich so unglücklich, dass im dritten Akt Michael Kupfer-Radecky so gut wie eben möglich für ihn einspringen musste. Ein Sänger, der bei den Tiroler Festspielen Erl viele Wagner-Rollen sang, aber noch nicht den Wotan. Iréne Theorin als Brünnhilde mit forcierten Höhen und Christa Mayer als altmodisch keifende, kaum verständliche Fricka konnten nur bedingt überzeugen. Maestro Cornelius Meister brachte die „Walküre“ achtbar über die Runden, hat aber die im „Rheingold“ zu hörenden Abstimmungs- und Balanceprobleme noch nicht völlig unter Kontrolle.

Sinn und Unsinn der Inszenierung

Mit dem Sinn und Unsinn der Inszenierung von Valentin Schwarz im Detail abzurechnen, lohnt erst nach der „Götterdämmerung“. Auch wenn es gutzuheißen ist, dass Katharina Wagner nicht, wie die Kollegen der Salzburger Festspiele, nur bewährten und altgedienten Stars vertraut, sondern auch Newcomern eine Chance gibt, ist es doch ein wagemutiges Risiko, einem Regisseur mit so wenig Erfahrung gleich diese K2-Besteigung anzuvertrauen.

An der Regie Valentin Schwarz’ verstören nicht nur konzeptionelle Ungereimtheiten und sein fehlender Instinkt für theatralische Wirkungen, sondern auch handwerkliche Mängel, was die Disposition und Führung der Figuren angeht. Dass ganze Szenen am rechten oder linken Bühnenrand für große Teile des Publikums im unsichtbaren Off verschwinden, ist ebenso ärgerlich und völlig unnötig wie die Defizite an Atmosphäre und Magie.

Scheu vor der Symbolik

Als Hemmschuh erweist sich Schwarz’ Scheu vor der Symbolik des „Rings“. Ring, Gold, Schwert, Speer und Feuer kommen bei ihm nicht vor. Selbst der eigenwillige Frank Castorf erkannte in seiner letzten Bayreuther Produktion, dass die Symbole für das Verständnis der Kernbotschaft des Werks so wichtig sind wie die Leitmotive in der Partitur.

Dass Brünnhilde bei Schwarz am Ende nicht auf dem Walküren-Felsen in Schlaf gebannt und durch ein Feuer vor unbefugten Freiern beschützt wird, überrascht unter diesen Vorzeichen nicht im Geringsten. Brünnhilde verabschiedet sich klammheimlich und muss ohne Feuerschutz von der Bühne abtreten. Auf der leeren Bühne prostet Wotans Gattin Fricka dem unterlegenen Göttervater zufrieden zu. Stößchen!

Alberner Walkürenritt

Wie wenig Rücksicht die Inszenierung auf Text und Musik nimmt, zeigt sich auch am geradezu albern missdeuteten „Walküren-Ritt“. Die wehrhaften Damen, von Wagner ungewöhnlich martialisch charakterisiert, lümmeln sich in einem eleganten Beauty-Salon und tragen ihre Wunden nicht aus wilden Schlachten, sondern vom Face-Lifting des Schönheits-Chirurgen davon.

Immerhin zeigte sich das Publikum mit den musikalischen Leistungen hoch zufrieden. Bejubelt wurde ausnahmslos jeder. Buh-Rufe nach dem Schluss-Akkord lassen allerdings heftigere Reaktionen nach der finalen „Götterdämmerung“ befürchten.