Herne. Yaara Tal & Andreas Groethuysen stellen beim Klavier-Festival Ruhr in Herne ihre ganze Klasse unter Beweis. Und erhalten den Preis des Festivals

„Es ist nicht nur das größte Festival seiner Art in der ganzen Welt, sondern auch das freundlichste und professionellste.“ So bescheiden, aber bestimmt bedankte sich das Klavier-Duo Yaara Tal & Andreas Groethuysen für den „Preis des Klavier-Festivals Ruhr“, den es bei seinem mittlerweile 17. Auftritt im Kulturzentrum Herne entgegennahm. Diesmal gab es dafür nicht die traditionelle, von Friedrich Werth­mann kreierte Stimmgabel, sondern eine „optische Partitur“ mit persönlicher Widmung von Günther Uecker. Allerdings ohne einen einzigen Nagel.

Die Auszeichnung ist undotiert, gibt aber den Preisträgern die Möglichkeit, einen Nachwuchskünstler für ein Stipendium in Höhe von 12.000 Euro vorzuschlagen. Das Duo entschied sich für den Gewinner des letztjährigen Bonner Beethoven-Wettbewerbs, den Südkoreaner Hans Suh, der im nächsten Jahr beim Klavier-Festival auftreten wird.

Yaara Tal & Andreas Groethuysen sind zwei unterschiedliche Partner auf Augenhöhe

Der Ehrung ging ein Klavierabend voraus, wie man ihn von dem seit fast 40 Jahren an der Weltspitze rangierenden Duo gewohnt ist. Ebenso abgeklärt wie frisch in der Werkauffassung, präzis im Zusammenspiel und immer auf der Suche nach interessanten Entdeckungen. Einen besonderen Reiz erhält das Spiel durch die ungewöhnliche Tatsache, dass hier kein seit Kindesbeinen gemeinsam aufgewachsenes Geschwisterpaar am Werk ist, sondern zwei denkbar unterschiedliche Persönlichkeiten. Und deren Spiel wirkt auch nicht wie das eineiiger Zwillinge, sondern wie gleichwertige Partner auf Augenhöhe, die mit langer Erfahrung und großem Einvernehmen zu mustergültigen Interpretationen finden.

Und das nicht mit scheinbar originell zusammengewürfelten Werkzusammenstellungen, sondern mit klug durchdachten Konzepten. So beeindruckte das Duo im ersten Programmblock mit drei Fantasien in f-Moll von Mozart, Carl Czerny und Franz Schubert, die es in pausenloser Folge vortrug und dadurch interessante stilistische Verbindungen herstellte. Wobei neben der alles überragenden Fantasie von Schubert auch die Qualitäten eher weniger beachteter Werke wie die als „Gelegenheitsarbeit“ unterschätzte Fantasie von Mozart KV 608 in ein rechtes Licht gestellt werden konnten.

Tal & Groethuysen mit großer Souveränität und Klasse im klassisch-romantischen Feld

Was die musikalische Feinarbeit angeht, brachten Tal & Groethuysen gerade in diesem klassisch-romantischen Teil alles mit, was dem Auftritt der wesentlich jüngeren Jussen-Brüder in der letzten Woche (noch) fehlte. Etwa das Gefühl für die richtigen Tempi, um jede melodische Wendung, jeden Lauf sorgfältig phrasieren und gleichzeitig die klangliche Transparenz und den natürlichen Fluss der Musik bewahren zu können.

Attribute, die auch den stärker virtuos ausgerichteten zweiten Teil mit zwei Variationswerken von Mozart und Camille Saint-Saëns für zwei Klaviere prägten: Mozarts raffinierte und vor originellen Überraschungen sprühende Variationen über den Gassenhauer „Ein Weib ist das herrlichste Ding“ und Saint-Saëns‘ Variationen über ein Thema aus Beethovens Klaviersonate op. 31 Nr. 3 mit einem Thema, das in seiner Textur wenig für Variationskünste geeignet scheint. Umso erstaunlicher, was Saint-Saëns damit zustande brachte. Begeisterter Beifall und Standing Ovations für einen denkwürdigen Abend eines Künstler-Paars, das man auf dem Klavier-Festival nicht missen möchte.