Essen. Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hat Ivo van Hove als neuen Ruhrtriennale-Chef vorgestellt. Seine erste Saison ist aber 2024. Wahlkampf?

Fünf Kandidaten waren in der engeren Auswahl, die Entscheidung für Ivo van Hove fiel einstimmig: Mit dem 63-jährigen Belgier präsentierte NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) kurz nach Voprstellung des zweiten Programms der derzeitigen Ruhrtriennale-Intendantin Barbara Frey schon deren Nachfolger ab 2024. Jens Dirksen befragte die Ministerin dazu.

Frau Ministerin, war der Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht doch dem aktuellen Landtagswahlkampf geschuldet? Noch einmal Schlagzeilen?

Nein. Wir haben seit dem vergangenen Herbst an der Klärung dieser Personalie gearbeitet. Sehen Sie, Herr van Hove tritt ja schon im November 2023 seine Intendanz an, und seine Arbeit beginnt im Grunde genommen jetzt schon, vor allem wegen der langfristigen Vorplanungen im Musiktheater. Wenn der Findungsprozess erst nach der Landtagswahl angestoßen worden wäre, hätte diese wichtige Personalie frühestens im Herbst oder Winter geklärt werden können – das wäre nicht genügend Planungsvorlauf für die neue Intendanz gewesen.

Die jetzige Intendantin Barbara Frey könnte das aber befremdet haben.

Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Wir sind sehr glücklich mit Barbara Frey, deren neues Programm viel Spannendes für diesen Sommer erwarten lässt. Im vergangenen Jahr war ja wegen der Pandemie vieles nicht möglich, und trotzdem war es eine erfolgreiche Spielzeit. Aber wir mussten ihre Nachfolge jetzt klären, um auch für die Zeit nach der Intendanz von Frau Frey eine gute Besetzung zu bekommen. Umso mehr freuen wir uns jetzt auf das Programm der Ruhrtriennale 2022.

Was hat Sie an dem Kandidaten Ivo van Hove am meisten überzeugt?

Er war unser Wunschkandidat, nach umfangreichen Gesprächen und Recherchen. Er bringt durch die Leitung des Internationaal Theaters Amsterdam, des größten Theaterensembles in den Niederlanden, viel Erfahrung mit. Außerdem hat er mehrere Jahre das renommierte Holland-Festival geleitet, das weit über die Niederlande hinaus Bedeutung hat und weiß daher, worauf es im Festivalbetrieb ankommt. Er kommt selber aus der Regie, hat von Anfang an nicht nur klassisches Theater gemacht und ist absolut international aufgestellt, arbeitet in ganz Europa, aber auch am Broadway, und sein erklärtes Ziel ist, dass er auf einem qualitativ hohen Niveau ein breites Publikum erreichen möchte. Und es ist auch gut, dass er sich im Ruhrgebiet und mit den Spielstätten auskennt, weil er früher schon für die Triennale inszeniert hat.

Haben Sie aus den Boykott- und Antisemitismus-Verwerfungen in der Triennale-Zeit von Stefanie Carp Konsequenzen gezogen?

Ich möchte es nicht darauf beziehen, sondern ganz allgemein: Es sollte eine leitungserfahrene Persönlichkeit sein, die Intendanz ist neben der künstlerischen Arbeit ja auch eine Management-Aufgabe. Und uns war wichtig, einen starken musikalischen Fokus auf das Festival zu legen - das trifft bei Ivo van Hove auch zu.

Was fehlt der Ruhrtriennale noch? Internationaler Widerhall? Weltstars?

Nein, der Ruf der Triennale auch über die Grenzen des Landes hinaus ist sehr, sehr gut. Das war übrigens eine Erfahrung, die wir in allen Gesprächen mit den Intendanz-Kandidatinnen und -Kandidaten gemacht haben. Nicht nur wegen der fantastischen Räume, sondern auch wegen des experimentellen Charakters. Es soll ja kein Salzburg im Ruhrgebiet sein. Was wir uns wünschen, ist: Dass wir die Triennale noch für mehr und andere Menschen, für neues Publikum öffnen und interessant machen. Das macht Barbara Frey jetzt schon, daran wird auch Ivo van Hove arbeiten.