Essen. Auch Superhelden hauen mal daneben: Der Film „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ kaschiert seine Schwächen mit Tricks und Marvel-Stars.

Auch Superhelden können danebenhauen. Das kann passieren, wenn sie mitten in einer Art Weltall bergauf sprinten und springen müssen und dabei von einem Feuerdrachen verfolgt werden, der nicht so einfach umzubringen ist. Mit auf der Flucht ist ein Teenager-Mädchen namens America Chavez, die über die mächtigste Superkraft von allen verfügt, diese aber nicht kontrollieren kann.

Bevor es nun in Einzelheiten hinabzusteigen gilt, die nur Eingeweihte verstehen, die aber eigentlich nötig sind, damit man weiß, worum es im neuen Marvel-Film geht, soll der Blick lieber aufs große Ganze gerichtet sein. Es gibt nicht nur ein Universum, sondern mindestens 72 weitere, die parallel dazu existieren.

Scarlet Witch ist ein richtig schlimmer Finger

In all diesen Universen geschieht in etwa das Gleiche, nur eben stets ein bisschen anders. Es ist möglich, von einem Universum zum nächsten zu springen. Und es ist nicht gut, wenn das jemand macht, der dunkle Ziele verfolgt. Genau das aber passiert in Gestalt von Wanda Maximoff, die als Scarlet Witch ein richtig schlimmer Finger ist. Doctor Strange und America Chavez und diverse andere Superhelden aus dem Marvel Cinematic Universe stellen sich Wanda in den Weg.

Soweit die Sachlage im Groben, aus der sich schon mal dieses ableiten lässt: Wenn ein Superheld stirbt, dann ist das gar nicht wirklich schlimm, denn er/sie/es hat ja noch mindestens 72 andere Universen zur Hand, wo der eigene Tod noch kein Thema ist.

Das wesentliche Problem des neuen Strange-Films

Das ist zum einen eine gute Nachricht für alle Fans, die nicht genug vom immer gleichen haben können, und für alle Kinder, die hier nun ihren ersten Marvel-Film sehen werden. Die Älteren fragen sich schon länger, ob es nicht irgendwann kompliziert werden könnte mit all den Zeit- und Handlungsebenen. Wenn der Tod keine letzte Hürde mehr darstellt, dann ist ja letztlich auch alles egal. Und das ist das wesentliche Problem des neuen Strange-Films.

Weil die Macher das anscheinend merkten, griffen sie zum bewährten Mittel: Noch mehr Trickeffekte, noch mehr Krach und noch mehr Gastauftritte von Stars aus früheren Marvel-Filmen. Erfahrungsgemäß reicht das, um unbequeme Nachfragen abzuwürgen.

Dr. Strange ist eine angenehm zwielichtige Type

Schade ist es, dass es bei diesem Film so offenkundig ist. Denn erstens ist der selbstgewiss anmaßende Dr. Strange ähnlich wie Tony Stark und Halbgott Loki eine angenehm zwielichtige Type, die in Gestalt des Briten Benedict Cumberbatch mit einem Quantum schurkischer Ironie ausgestattet wird, die geradewegs auf den großen Vincent Price zurückweist. Elizabeth Olsen spielt wie schon in der Disney-Serie „Wandavision“ die böse scharlachrote Hexe. Xochitl Gomez (16) setzt als America kaum charakterliche Akzente, lässt aber Teenager-Herzen höherschlagen.

Der Rest der Besetzung (unter anderem Rachel McAdams) hat zu wenig oder gar nichts zu tun, was in wichtigen Punkten auch für Regisseur Sam Raimi gilt. Der hatte in den Nullerjahren großen Erfolg mit den ersten zwei Spider-Man-Filmen, fiel dann aber mit dem dritten Teil bei Sony in Ungnade. Marvel-Superboss Kevin Feige holte Raimi nun bei Disney an Bord und gab ihm freie Hand für sein Faible für groteske Maskeneffekte.

Superhelden müssen rennen und sich mit Fäusten prügeln

Dieser Marvel-Film sieht in Momenten um einiges fieser aus als die anderen, aber wenn es hart auf hart kommt, müssen auch hier die Superhelden wieder rennen und sich mit Fäusten prügeln, egal zu welcher Zeit und in welchem Universum. Will jemand unter solchen Vorgaben wirklich ewig leben?