Die beiden Filme der Woche könnten verschiedener nicht sein. Sandra Bullock in einer Klamotte, Benedict Cumberbatch als exzentrischer Maler.

Das Geheimnis der verlorenen Stadt

Romantische Abenteuergeschichten sind eine Spezialität der Schriftstellerin Loretta (Sandra Bullock). Zusammen mit Model Alan (Channing Tatum), der für die Coverfotos der Bücher den Helden mimt, ist sie gerade auf Lesereise, da wird sie auf offener Straße entführt. Der zwielichtige Milliardär Fairfax (Daniel Radcliffe) braucht Loretta als Übersetzerin für ein Stück Landkarte, das auf entlegener Südseeinsel die Lage eines sagenhaften Schatzes verraten soll. Alan nimmt zusammen mit dem Ex-Soldaten Jack Trainer (Brad Pitt) die Verfolgung auf. Auch Lorettas Agentin Beth (Da’Vine Joy Randolph) versucht ihre Chefin zu retten. Im Dschungel sind Loretta und Alan jedoch auf sich allein gestellt. Und grundsätzlich wäre es keine Überraschung, wenn das Drehbuch zu dieser erklärten Abenteuerkomödie von einem Viertklässler verfasst worden wäre

Kaum zu glauben, dass vier Autoren für dieses Minimum an Handlung nötig waren, das die Regiebrüder Aaron und Adam Nee sodann mit allerlei Verfolgungen und selbstironisch gemeintem Sitcom-Gequatsche auf über zwei Stunden Spielzeit zerdehnten.

Abgesehen von den ständigen Stil- und Stimmungsschwankungen lässt sich festhalten, dass Brad Pitt schon im kleinen Finger über mehr Charisma verfügt als die meisten aktuellen Hollywood-Stars zusammen, dass Channing Tatum ein prima Komödiant ist (vor all wenn er sich erschreckt), und dass Sandra Bullock dank Liftings nun ein gleichermaßen falten- und mimikfreies Gesicht zu Markte trägt, damit sie mit 58 in eine Rolle (im knallengen Pailletten-Ganzkörperanzug) schlüpfen kann, die sie besser mit 43 angegangen wäre. Leute, die sich zu Popcorn und Cola gern vor einen Film setzen, und davon gibt es viele, könnten ihr Unterhaltungsbedürfnis hier präzise erfüllt sehen.

Die wundersame Welt des Louis Wain

Ein Film nach wahrer Geschichte. Louis Wain (1980-1939) kam ab 1900 zu Ruhm mit höchst amüsanten Zeichnungen von Katzen, womit er wesentlichen Einfluss darauf hatte, dass Katzen in England zu Haustieren im Innenbereich avancierten. Wain lebte nach dem frühen Tod des Vaters als einziger Mann mit fünf Schwestern und seiner Mutter in einem Haushalt. Bevor Wain sich mit 23 in die zehn Jahre ältere Gouvernante Emily Richardson (Claire Foy) verliebte und sie heiratete, was als Skandal gewertet wurde. Als Emily schon wenige Jahre danach ihrem Krebsleiden erlag, setzten bei Wain Anzeichen von Schizophrenie ein. Im Spiegel der filmischen Biografie des Jahres 2021 ist er ein seelisch schwer angeschlagener Stadtneurotiker, der – hoch intelligent, multitalentiert und hypernervös – in vielem die Figuren eines Woody-Allen-Films vorwegzunehmen, oder seitens Drehbuch und Regie (Chris Sharpe) von ihnen inspiriert zu sein scheint.

Die Hauptrolle spielt Benedict Cumberbatch, der sich seine Rollen jenseits des Marvel-Universums bevorzugt nach dem Schwierigkeitsgrad ihrer seelischen und körperlichen Verfassung auszusuchen scheint. Und so sehen wir ihn in einem Spektrum agieren, das Louis Wain von Anfang 20 bis Ende 70 zeigt, was dank geschickter Haarmode und Alters-make-up glänzend gelingt im Sinne des Drehbuchs: Sein Äußeres war angenehm, aber seine Seele war ein dunkler, brüllender Wirbelsturm verzehrender Ängste und wiederkehrender Alpträume.

Die sittsam gediegene Gestaltungsweise in bewährter BBC-Ästhetik lässt sich als genügend empfinden, ebenso gut aber kann sie auch als selbstgenügsam begriffen werden. Die Regie ist stets bemüht, den Stil viktorianischer Postkarten einzufangen und fährt einen seltsamen Schlingerkurs zwischen altmodischer Melodramatik und überdrehter Farce. Nick Cave hat einen verzichtbaren Gastauftritt als H.G. Wells und die letzten fünf Minuten ersticken in Sentiment und Kitsch. Aber es geht zweifellos zu Herzen und alle tragenden Akteure spielen aufsehenerregend gut.