Düsseldorf. Der Abend lebt von der Bandbreite: Düsseldorfs Ballett-Premiere „One and the others“ hat’s vom Techno bis zu klassischer Moderne drauf. Jubel!

Fünf Paare stehen unter permanenter Spannung. Angetrieben vom durchdringenden Klang nervig sich hoch reibender Violinen strahlen selbst manche Hebefiguren wenig Leichtigkeit aus, sondern zeugen vom Kampf der Ballerinen und ihrer Partner mit sich und der Welt. „One and others“ nennt Demis Volpi seine Kreation und den neuen dreiteiligen Tanzabend des Balletts am Rhein.

Tanz pur, abstrakt wurde bei der Premiere im Düsseldorfer Opernhaus gefeiert. Von kühler, neoklassischer Eleganz über suchende irrlichternde Wesen bis zu stampfendem Techno – drei Choreographien demonstrieren, wie vielschichtig die Tanzwelt heute sein kann. So war es beinah wie früher, unter Martin Schläpfer. Denn die seit 2020 von Demis Volpi geführte Kompanie präsentiert sich hier in tanztechnisch guter Form, besticht durch akademische Präzision und Sicherheit in modernen Tanz-Stilen.

Düsseldorfs jüngste Ballettpremiere „One and the others“ wurde vom Publikum groß gefeiert

Volpi, der bisher erzählerische Handlungsballette herausbrachte, vertraut in „One and others“ (kreiert 2015 für das Nationalballett Uruguay) auf die Virtuosität seiner Solo-Paare. Zu den Klängen eines aufgeladenen, hochgetunten Streichquartetts von Christos Hatzis winden sich die Paare in immer neuen Konstellationen. Die Schrittkombinationen sind die gleichen, die Bewegungen der Paare wirken anders. Die einen bewahren neoklassische Linien. Andere brechen sie durch weiche fließende Bewegungen auf und liegen sich entspannt in den Armen. An Schläpfer erinnert das Bild, wenn Ballerinen den Spitzenschuh beinah wie eine Waffe einsetzen: Sie klopfen bedrohlich mit der Stahlkappe auf den Boden. Begeisterter Applaus für Tänzer und Choreograph.

Indes: Jubel, Johlen und Pfeifen – besonders beim jungen Publikum - entlockt der finale Techno-Knüller „Salt Womb“ des israelischen Choreographen-Duos Sharon Eyal und Gai Behar. Bei dieser reinen Körperperformance dröhnt es wie bei einer Techno-Party. Die Gruppe ist zunächst in warm schimmerndes Licht getaucht – wippt in gegrätschter Beinstellung. Fast 30 Minuten bebt der Boden. Die Tänzer, in einer Menschtraube vereint, ziehen die Zuschauer in ihre Welt. Es könnte ein archaisches Kriegsritual sein, dann wieder eine Party, in dem einer vortanzt, den Rhythmus vorgibt und die Clubgäste mitzieht. Manchmal denkt man auch ein Befreiungsritual – vielleicht die Metapher für die Befreiung von den lähmenden Corona-Regeln. Die Magie der einfachen Bewegungen in Dauerschleife versetzt die Truppe in Trance. Geheimnisvoll der plötzliche Wechsel zu kaltem Weißlicht: Erst dann lösen sich einzelne Figuren aus der Gruppe.

Techno Knüller und strenge Kühle - „One and the others“ hat eine starke Bandbreite

Der Abend beginnt mit einem Ausflug in die strenge, kühle Welt neoklassischen Tanzes mit in Weiß-Blau gehüllten Bildern. „Polyphonia“ kreierte Christopher Wheeldon – zu Klängen von Ligeti – für das New York City Ballet. Ästhetisch beflügelnd wirken die Miniaturen, kredenzt von meist synchron tanzenden Paaren und Solisten, manchmal mit Augenzwinkern. Musikalisch auf den Punkt gebracht wirken die meisten Szenen, deren Machart stark an Altmeister Georges Balanchine erinnern.

Termine: www.operamrhein.de Premiere Duisburg: 30. April