Düsseldorf. Beschämende Kapitulation: Barrie Kosky zeigt „Orpheus in der Unterwelt“ an der Deutschen Oper am Rhein – in einer besonders gruseligen Version.

Platt, laut, tuntig umhertappende, infantil kichernde und senil stammelnde Figuren, Gags aus der Steinzeit der Klamotte: Die Rede ist nicht von Tante Juttas Rückkehr aus Kalkutta in einer besonders gruseligen Version, sondern von „Orpheus in der Unterwelt“ an der Deutschen Oper am Rhein. Eine beschämende Kapitulation vor allem, wonach Jacques Offenbachs vor Esprit und spitzer Ironie sprühendes Werk verlangt.

Zugleich ein Beweis, dass auch eine von einem namhaften Regisseur wie Barrie Kosky betreute, bereits in Salzburg und Berlin gezeigte Produktion keine künstlerische Sternstunde garantieren kann. Wobei sich der hoch gehandelte Kosky mit dieser kalauernden Produktion ultimativ und schonungslos als das outet, was er immer gewesen ist: ein populistischer Effekthascher.

Keine künstlerische Sternstunde

Sex spielt eine große Rolle im Stück wie in der Inszenierung. Doch angeklebte Genitalien, ein paar blanke Pobacken und dilettantisch gemimte Kopulationsversuche haben nichts mit prickelnder Erotik zu tun, sondern eher mit verschämter Verklemmtheit. Schade, dass das Offenbach-Jahr kurz vor der Pandemie wenig bis nichts dazu beigetragen hat, das Gefühl für Offenbachs Esprit in deutschen Landen zu verfeinern.

Dass das Ganze nicht vollends zur Klamotte verkommt, ist der optischen Ausstattung, den flotten Tanzeinlagen und der musikalischen Qualität zu verdanken. Aber auch die eindrucksvollen Kulissen von Rufus Didwiszus und die opulenten und kreativ gestalteten Kostüme von Victoria Behr können den feinsinnigen Geist des Werks nicht retten, wenn auf der Bühne ein abgeschmackter Gag nach dem anderen abgefeuert wird.

Abgeschmackte Gags

Statisterie, Chor und Ballett in großer Besetzung sorgen immerhin für viel Leben auf der Bühne. Auch Adrien Perruchon am Pult der Düsseldorfer Symphoniker bemüht sich um einen dynamischen Ablauf des fast dreistündigen Abends. Und an rollendeckendem Charme und stimmlicher Qualität mangelt es Elena Sancho Perez als Eurydike ebenso wenig wie Andrés Sulbarán als ihr verhasster Gatte Orpheus. Wenig anfangen kann Kosky mit der „Öffentlichen Meinung“. Susan Maclean spielt sie streng, aber letztlich konzeptlos. Die Ensemblepflege der Rheinoper schlägt angesichts der vielen kleineren Rollen vorteilhaft zu Buche. Wobei ausgerechnet der virtuos und brillant als Geräuschmacher und Synchronsprecher agierende Schauspieler Max Hopp den stärksten Beifall genießen durfte.

Es darf gelacht werden in Düsseldorf, wenn auch meist an den falschen Stellen. Ein optisch üppiger, konzeptionell jedoch trauriger Tiefpunkt der Saison.

Orpheus in der Unterwelt im Düsseldorfer Opernhaus. Spieldauer: ca. 170 Minuten, eine Pause. Die nächsten Aufführungen: 15., 17. und 20. März. Infos: www.rheinoper.de.