Essen. Haut, Gier, gelbe Bälle: Ein Flüchtling erlebt, wie irre der Kunstbetrieb ist. Trübe Wolken umwehen die Jugend. Und Will Smith als Tennis-Papa.

Ein Syrer lässt sich sein Visum auf den Rücken tätowieren. Ein Einzelgänger stöbert in den Taschen seiner Mitschüler. Und Will Smith gibt uns Nachhilfe in Sachen „American Way of Life“. Das sind die Kino-Höhepunkte der Woche:

Der Mann, der seine Haut verkaufte – Der Syrer Sam Ali und seine Freundin Abeer werden auf der Flucht aus dem Land getrennt. Sie wird nach Brüssel geschleust, wo sie auf Wunsch ihrer Familie einen Diplomaten heiraten soll, er steckt in Beirut fest. Ein Künstler tätowiert Sam das Schengen-Visum auf den Rücken und verschafft ihm als Kunstwerk Zutritt nach Europa. Der Plan geht auf, mit allen Vor- und Nachteilen, denn Sam ist nun eine Ware.

Die zweite Spielfilmarbeit der hierzulande noch unbekannten Tunesierin Kaouther Ben Hania kam dank Oscar-Nominierung für den besten internationalen Film zu Arthouse-Ruhm. Realisiert durch Produktionsfirmen aus sieben (!) Ländern sucht der Film die satirische Balance zwischen Diktatur und Dekadenz, will Kunstmarkt und selbstgerechtes Moralempfinden anprangern – und verliert sich dabei im Übermaß seiner Ambitionen in Vereinfachungen und Merksätzen.

Beste Szene: Als Sam im Museum live ein Rückenpickel ausgedrückt wird, stellt die Leitung ein Schild davor auf: Kunstwerk wird restauriert.

Trübe Wolken – Der 17-jährige Schüler Paul wird durch seine Unangreifbarkeit zur Projektionsfläche der Begierde bei Mitschülern und Erwachsenen. Dann wird im nahen Wald eine Leiche gefunden.

Mit dieser Stilübung in moderner Phantastik auf den Spuren von Frank Wedekind und Henrik Galeen empfiehlt sich Christian Schäfer als interessantes Regietalent. Sein „Frühlings Erwachen“ aus der heutigen Provinz gewinnt dabei zusehends unheimliche Züge, wenn der adrette Held (Jonas Holdenrieder) voyeuristisch in fremden Taschen und Portemonnaies nach Dingen sucht, mit denen er sich bei anderen einschmeicheln kann. Devid Striesow zeigt faszinierende Ambivalenz als Deutschlehrer im Rollstuhl, der sich für Paul zu interessieren beginnt, und das nicht nur in beruflicher Hinsicht.

Erst ganz am Schluss verlässt die Filmemacher der Mut, wenn Spiegel und Spiegelungen einen Ausweg aus der Hässlichkeit des Konkreten weisen. Aber auch das sieht immer noch beunruhigend gut aus.

King Richard – Die Schwestern Venus und Serena Williams wurden mit 14 Tennisprofis und gehörten zwanzig Jahre lang zu den dominierenden Spielerinnen der Welt. Den Aufstieg ermöglichte ihr Vater Richard, der die Mädchen und ihre drei Schwestern mit hartem Drill zu Ärztinnen, Anwältinnen und eben Sportlerinnen formte.

Die Spielfilmbiografie fürs Kino entpuppt sich als passgenaues Vehikel für Will Smith und seine Ansichten vom „American Way of Life“, wo es jeder schaffen kann, wenn er sich nur tüchtig reinkniet. Das Ganze ist gefällig in Szene gesetzt von einem Serienregisseur (Reinaldo Marcus Green) und predigt ungebremste Erfolgsgelüste als Lebensziel. Dafür gab es dieses Jahr sechs Oscar-Nominierungen. Das Wohl der Kinder erfüllt sich im Geld.