Essen. Bastian Schweinsteigers Leben ist kein Stoff für einen Roman. Martin Suter hat es trotzdem probiert - und ist krachend gescheitert.

Ein Traum-Duo, möchte man meinen: Bastian Schweinsteiger, einer der wenigen Fußballmillionäre, denen man ihren obszönen Reichtum von Herzen gönnt, weil er wie das beinahe unbeabsichtigte Nebenprodukt einer grandiosen, von Talent und Tapferkeit, Ehrgeiz und auch ein bisschen Glück beflügelten Sportlerkarriere wirkt; Und dann Martin Suter, der von „Ein perfekter Freund“ bis zum „Teufel von Mailand“ einen Erfolgsroman nach dem anderen geschrieben hat, seit er vom Werbetexten ins Krimifach wechselte.

Suter hat aufgeschrieben, was Basti, seine Eltern und ein paar Freunde ihm über den Lebensweg Schweinsteigers erzählt haben. Das Ganze eine Biografie zu nennen, verbot Suter vielleicht die Gewissenhaftigkeit; an einigen Passagen wird er auf seine Fantasie angewiesen gewesen sein. Allerdings hat jede gute Biografie zwangsläufig solche Stellen – und macht sie als Spiel mit der Fiktion kenntlich.

Suter hat aufgeschrieben, was ihm Basti, die Eltern und Freunde erzählt haben

Dass nun „Roman“ auf dem Schweinsteiger-Buch steht, ist allerdings ein Fall von Etikettenschwindel. Diese Romanbiografie lässt sich zunächst wie die etwas öde Nacherzählung einer Bilderbuch-Kindheit an. Dazu geht Suter mit künstlicher Naivität bis auf Kinderbuch-Niveau in die Knie. Es folgt die nach Erzählung einer geradlinigen Karriere, deren einzige Tiefen und Rückschläge aus dem Kindheits-Gespenst Krampus und zuverlässig wiederkehrenden Verletzungen bestehen.

Parallel dazu skizziert Suter den Weg des zeitweiligen Nr. 1 der Tennis-Weltrangliste Ana Ivanović aus Belgrad. Diese beiden Lebenslinien laufen durch den Erzähler mit einer Zwangsläufigkeit auf eine Ehe zu, wie man sie sonst nur aus Ärzteromanen kennt.

Ein Gegenentwurf zu „Kaiser“ Franz Beckenbauer

Wer allerdings etwas erfahren will über seine freundschaftliche Rivalität mit Felix Neureuther, den er noch 2004 in einem Skirennen besiegte, über Schweinsteigers frühe Faszination für Lady Di und opulente Hochzeiten, über seine Lieblingslokale in München, seine freundschaftliche Neigung zu Angela Merkel, wann er auf Armani-Anzüge umstieg und wann er welches Auto fuhr, der wird in diesem Buch gut bedient. Es zeigt uns einen Schweinsteiger, wie wir ihn zu kennen glauben: die an positive Naivität grenzender Unbeschwertheit, mit der er sein ganzes Leben anging, vereint mit einem Kämpferherz und coolem Gemüt, die niemandem etwas Böses wollen. Vielleicht ist er wirklich so. Aber dann taugt sein Leben nicht für einen Roman, sondern eher für eine langgezogene „Gala“-Reportage.

Das Beste an diesem Buch ist sein Titel. Aber nicht etwa, weil er die Wahrheit erzählen würde, sondern weil er ein Gegenentwurf ist. Die Autobiografie, die Franz Beckenbauer nach der Fußball-WM 1974 über sich verbreiten ließ, hieß: „Einer wie ich“.

Martin Suter: Einer von euch. Bastian Schweinsteiger. Roman. Diogenes Verlag, 378 Seiten, 22 €. Ab 26. Januar.