Am Niederrhein. Antje-Britt Mählmann, 42, ist die neue Künstlerische Leiterin des Museums Schloss Moyland. Und würde am liebsten mit dem Pferd zur Arbeit kommen...
Warten wir mal ab, wie im Jahre 2047 über die zweiten 25 Jahre des Museums Schloss Moyland berichtet wird. Aber denkbar wäre, dass es zu einer Art emanzipierter Dornröschen-Geschichte reicht. Zu einer Erzählung, wie im Jahre 2022 eine Frau auf einem schwarzen Pferd heranritt, den inhaltlichen Dornröschenschlaf des Museums am Niederrhein zu beenden. Das Schloss hat jedenfalls – vor allem in den letzten Jahren – mehr durch Querelen von sich reden gemacht als durch seine inhaltliche Arbeit. Das könnte, sollte sich mit Antje-Britt Mählmann, der neuen Künstlerischen Leiterin, ändern.
„Freude an der Kunst und genug zum Nachdenken“
Noch ist sie, bis Ende März, Leiterin der Kunsthalle St. Annen in Lübeck, jetzt aber schon auf der Suche nach Wohnung und Stall (für ihr Pferd), damit es ab dem 1. April in vollem Galopp losgehen kann. Hohe Hürden baut sie sich selbst: „Ich möchte die Besucherzahlen verdoppeln“, sagt sie. Egal wie hoch, ein Museum könne nie zu gut besucht, nie schwellenarm genug sein.
„Ich wünsche mir ein offenes Schloss Moyland, wo man Freude an der Kunst und genug zum Nachdenken hat“, sagte die 42-Jährige bei der offiziellen Vorstellung.
Bis 2023 will sie nur wenig ins bereits geplante Ausstellungsprogramm eingreifen, aber dennoch bereits erste, kreative Funken schlagen aus ihrem Ansatz, dem alten weißen Mann namens Joseph Beuys junge, zeitgenössische Künstlerinnen entgegen zu setzen, ihnen Blick und Auswahl auf und in die Sammlung ermöglichen – auch umim Programm ein gutes Gleichgewichtherzustellen zwischen Künstlerinnen und Künstlern Und schwankendes Ausbalancieren mit Schwergewichten ist vermutlich der spannendste Weg, ein solches Gleichgewicht herzustellen.
Kartoffeln pflanzen war Beuys 1977, Kartoffeln ernten ist Brotherus 2022
Also wird sie als erste Künstlerindie Finnin Elina Brotherus bitten, im September auf Moyland eine Beuys-Performance neu zu interpretieren. 1977 hatte Beuys in Berlin vor einer Galerien die Kunstaktion „Kartoffeln pflanzen“ veranstaltet, Brotherus wird nun, es ist ja Herbst „Kartoffeln lesen“. Begleitet von der Frage, wie Performance-Aktionen, die für Beuys’ Werk ja durchaus kennzeichnend waren, ins Museum übertragen werden.
Ansonsten, sie hat immerhin über die Spinnen im Spätwerk der franko-amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois ihre Doktorarbeit geschrieben, wird sie ihre erste Zeit vor allem der Netzwerkarbeit widmen. Sie hat schon bei grenzüberschreitenden Projekten der Kunsthaller Emden gemerkt, was für ein kunstinteressiertes Publikum sich in den Niederlanden finden lässt. Kooperationen mit Kunsthochschulen und Museen der Region will sie ebenfalls vorantreiben. So wird ab dem Herbst die 35. Überblicksausstellung des Westdeutschen Künstlerbundes in Goch und auf Moyland stattfinden.
Und auch beim gleichaltrigen Nachbarn, dem Museum Kurhaus Kleve, ist man aufmerksam geworden auf den Neustart in Moyland. Der dortige Leiter, Prof. Harald Kunde, zeigte sich schon sehr interessiert daran, wer da neu ins Schloss zieht und mit wem man also in diesem Jahr gemeinsam, neben- oder miteinander 25-Jähriges feiert. Es wird wieder Zeit für Ausritte aufs Land, so scheint es. Wer kein Pferd hat, nehme den Drahtesel.