Washington. Die Verleihung der Film- und Fernsehpreise durch die Auslandspresse Hollywoods lief ganz ohne Live-Bilder, Stars und Dankesreden ab.
Die zweitrenommierteste Preisverleihung im amerikanischen Kino- und Fernsehgewerbe (nach den Oscars) ist vorüber. Und niemand, der am Sonntagabend nicht auf der Internet-Homepage der „Golden Globes” bis kurz vor 23 Uhr Ostküstenzeit den teils sperrigen Live-Blog rechts außen oder Twitter verfolgte, hat’s so richtig mitbekommen. Nach allerlei üblen Fehltritten von Rassismus bis Bestechungsverdacht in den Reihen des seit bald 80 Jahren preisverleihenden Verbands der Auslands-Journalisten Hollywoods (HFPA) ging die Leistungsshow diesmal ohne alles über die Bühne: kein roter Teppich, keine Live-Bilder (nicht mal gestreamte oder handyverwackelte), kein Moderator und Star-Publikum, keine triefigen Dankesreden und kein Champagner-Kelch-Geklirre.
Ein erschreckend freudloses Unterfangen, das der Qualität mancher der prämierten Erzeugnisse nicht gerecht wird und Zweifel am Sinnspruch der Branche weckt. The show must go on? Welche Show? Etwa die verkrampften Twitter-Nachrichten, mit denen im Minuten-Takt die Sieger ausbuchstabiert wurden?
Drei Globes für Spielbergs „West Side Story“, Campions „The Power of The Dog“ und „Succession“
Als (vollständig abwesende) Gewinner des Abends, der im kleinen Kreis im Beverly Hilton Hotel abgehaltenen Veranstaltung dürfen sich mit jeweils drei „Globes” fühlen: Steven Spielbergs Film-Musical-Remake „West Side Story”; neben dem Preis in der Kategorie „Komödie/Musical” wurden auch Rachel Zegler (Hauptrolle) und Ariana DeBose (Nebendarstellerin) geehrt. In der Drama-Kategorie räumte die Neuseeländerin Jane Campion („Das Piano”) als Regisseurin des Anti-Western-Kammerspiels „The Power of The Dog” ab, der auch als bestes Film-Drama ausgezeichnet wurde; Kodi Smit-McPhee gewann hier an der Seite der Haupt-Akteure Benedict Cumberbatch und Jesse Plemons den Preis als bester Nebendarsteller.
Komödien-Preis für Andrew Garfield, Fernseh-Preise für Kate Winslet und Michael Keaton
Ebenfalls drei „Globes” zog die schon im vergangenen Jahr mehrfach geehrte TV-Drama-Serie „Succession” an Land, die den bitterbösen Intrigantenstadl eines (Fox News und Rupert Murdoch) nachempfundenen Medien-Unternehmens zum Inhalt hat; Jeremy Strong (Kendall) und Sarah Snook (Siobhan), die beide Kinder des genialisch-giftigen Patriarchen Logan Roy (Brian Cox) spielen, wurde im Darsteller-Fach prämiert.
In den Solo-Kategorien verwies Will Smith für seine zum Niederknien angetane Darstellung des Tennis-Wunderkinder-Vaters Richard Williams in „King Richard” unter anderem Denzel Washington („Macbeth”) auf die Plätze. Die weibliche Entsprechung war Nicole Kidman, die in „Being the Ricardos” die TV-Legende Lucille Ball aus der Zeit der McCarthy-Ära spielt. Für Kidman war es bei 16 Nominierungen der vierte „Globe”. Sie schlug Größen wie Kristen Stewart („Spencer”) und Lady Gaga („House of Gucci”).
Der dritte Globe für Hans Zimmer und seine Musik zu „Dune“
In der Kategorie Komödie/Musical zog Andrew Garfield als leidender Komponist in „Tick, Tick… Boom!” den Hauptpreis an sich. Im Comedy-Fach macht die Serie „Hacks” das Rennen; es geht um eine kauzige Freundschaft zwischen einer betagten Entertainerin in Las Vegas und ihrer deutlich jüngeren Witze-Lieferantin. Jean Smart bekam hier die Auszeichnung als beste Comedy-Darstellerin. Wie schon 2021 liefen im lustigen Fach männlicherseits alle Fäden wieder bei Jason Sudeikis als Football-Coach „Ted Lasso” zusammen, der als Amerikaner in England für Furore sorgt.
MJ Rodriguez zog die Jury in „Pose” in den Bann – beste Hauptdarstellerin in einer Dramaserie. Kate Winslet als großartige Kriminalkommissarin in „Mare of Easttown” und Michael Keaton als Doktor in „Dopesick” holten die Preise in den TV- und Miniserienkategorien. Der aus Frankfurt stammende Ausnahme-Komponist Hans Zimmer bekam für seinen Soundtrack zum Science-Fiction-Epos „Dune” nach „König der Löwen” und „Gladiator” den dritten Golden Globe seiner Karriere für die „beste Filmmusik”.
NBC sparte sich 60 Millionen Dollar
Nach Abschluss der Show, zu der keine Pressevertreter zugelassen waren, fühlten sich Kritiker der Hollywood-Auslandspresse bestätigt: Es wäre sinnvoller gewesen, die 79. Preisvergabe einfach auszusitzen und dann im nächsten Jahr die runde 80 mit einer bombastischen Live-Nacht mit Stars und Sternchen zu begehen, hieß es sinngemäß in der Los Angeles Times. NBC, der streikende Stammsender, der zuletzt 60 Millionen Dollar für die „Party des Jahres” mit bis zu 20 Millionen Menschen am Fernseher ausgab, wäre vielleicht sogar wieder dabei gewesen.