Essen. Filmreifer Ausklang eines auch für Essens Philharmonie nicht leichten Jahres. Stargeiger Daniel Hope „& Friends“ wurden Silvester üppig umjubelt.
Es soll Menschen geben, die ihre Lustbarkeiten zur Jahreswende am Ende mit einem sogenannten Filmriss büßen. Das Gegenteil dürfte beim Publikum der Essener Philharmonie der Fall gewesen sein. Lange wird sich erinnern, wer im ausverkauften Haus Gast des Silvesterkonzertes war: denn das war großes Kino!
Dass ehrwürdige Sinfonieorchester Brahms und Bruckner ruhen lassen, um mit schwerem Blech „Supermans“ Muskeln spielen zu lassen oder saitenweise Taschentücher zu betränen, eh sie „Vom Winde verweht“ sind, ist längst etabliert. Aber Stargeiger Daniel Hope, Swing-Liebling Tom Gaebel, einen aufsteigenden Sopran-Stern, verkörpert durch die Südafrikanerin Pumeza Matshikiza, dazu den ausgewiesenen Film-Experten Frank Strobel am Dirigentenpult: Das bürgt in summa für ein Filmmusikkonzert auf noblem Niveau. Kein Wunder, dass der öffentlich-rechtliche Kulturhüter „3sat“ dem Essener Abend einen Hauptsendeplatz widmet (29.1, 20.15h).
Silvester gab es Jubel in Essens Philharmonie: Daniel Hope präsentierte „100 Jahre Hollywood“
Das Silvesterkonzert galt 100 Jahren Hollywood – und wo sonst allenfalls Kerzenleuchter szenisch Barockes ausstaffieren, griff man im Saal durchaus zu Requisiten der Traumfabrik. Es war ein Blinken und Flimmern, lauter Stars rotierten unterm philharmonischen Himmel und als Elmer Bernsteins „Glorreiche Sieben“ in die Sättel stiegen, ließ die funkelnde Medienwand Pferderücken majestätisch vorbeipreschen. „Galopp an der Huyssenallee“, nannte Daniel Hope das in listiger Lokal-Hommage. Einmal mehr erklärte der Publikumsliebling dem Essener Saal seine Liebe und ließ mit schönem Witz (wenn auch vom Teleprompter gestützt) ein klangsattes Jahrhundert Filmgeschichte von Hitchcock bis Spielberg vorüberziehen.
Ein Höhepunkt nach dem anderen: von Leonard Bernstein bis zum Bond-Song „Goldfinger“
Hope selbst bescherte dem Abend einen überwältigenden Höhepunkt. Wer hätte gedacht, dass das schmissig-pulsende „America“ aus Bernsteins „West Side Story“ allein mit der Stimme einer 280 Jahre alten Guarneri zu besingen sei? Jubel über Jubel am Vorabend des neuen Jahres, für Hope, fürs brillant auftrumpfende WDR-Rundfunkorchester, für Pumeza Matshikiza, deren samtiger, edel-rauchiger Sopran Puccini wie Cole Porter adelte, für Tom Gaebels filmreife „Goldfinger“-Einlage und und und.
Es war ein Abend nach Maß, bestenfalls eine Verheißung für ein philharmonisches Jahr im Breitwand-Format, nachdem im alten die Leinwand so oft finster und stumm hat bleiben müssen.