Bochum. Das Bochumer Schauspielhaus bringt Werke zweier Dramatiker im Doppelpack: Wolfram Lotz’ „Die Politiker“ und Thomas Köcks „Antigone“.

Wer trägt die Schuld am kompletten Elend auf dieser Welt? Klar, die Politiker. Was diese Leute für ihre Diäten alles aushalten müssen, daraus hat der Dramatiker Wolfram Lotz einen staunenswerten Monolog getextet, der jetzt im Doppelpack mit einer rasend aktuellen Antigone-Überschreibung von Thomas Köck in den Bochumer Kammerspielen auf die Bühne kommt.

Lotz‘ „Die Politiker“ bildet den knapp einstündigen Prolog. Sein 100-seitiges Stück ist eine famose Satire auf den Politbetrieb, die sich liest wie ein romantisches Gedicht und dabei immer wieder völlig verdrehte, fast dadaistische Noten findet. Regisseur Franz-Xaver Mayr lässt das imposante Textgebilde beinahe unkommentiert auf der leergeräumten Bühne stehen, die nicht viel mehr zeigt als einen schrägen Strand (von Michela Flück).

Thomas Köcks Sophokles-Überschreibung „Antigone“ holt den Stoff ins Heute

Ohne größere szenische Eingriffe leuchtet der Text von ganz allein, wenn er denn genau gesprochen und artikuliert wird – und in Sachen Sprechkultur leistet das Ensemble um Anna Drexler, Jele Brückner, Konstantin Bühler, William Cooper, Michael Lippold und Jing Xiang ganze Arbeit.

Nach kurzem Kostümwechsel übernimmt mit Thomas Köck ein weiterer, gefragter Gegenwartsdramatiker das Wort. In seiner Sophokles-Überschreibung „Antigone. Ein Requiem“ holt er den bald 2500 Jahre alten Stoff mit dem gleichen Personal in unsere Zeit, ohne jedoch auf allzu plakative Aktualisierung zu setzen.

Im antiken Mythos bestattet Antigone ihren toten Bruder und widersetzt sich damit dem Verbot von König Kreon. Bei Köck sind es namenlose Leichen, die am Strand angespült und „in Tiefkühlkammern weggestapelt“ werden. Die Antigone der Anna Drexler ist die Einzige, die sich für eine menschenwürdige Bestattung der Gekenterten einsetzt und dabei auf den ganzen Widerstand des Königs stößt, den Michael Lippold als kalt berechnenden Realpolitiker gibt.

Mayr zeigt viel Sinn für die Musikalität der Worte, für Brüche und Tempowechsel. Und er versteht es, seine Schauspieler zu einer kompakten Ensembleleistung zu führen. Großer Beifall.

Dauer: 2 h, keine Pause. Wieder am 19. und 26.12. Infos: 0234 33 33 55 55.