Dortmund. Gil Mehmerts schwungvolle 20er-Jahre-Revue „Berlin Skandalös“ begeistert am Opernhaus Dortmund. Einer der Stars: Angelika Milster als „Diva“.
„Männer haben alle Berufe, klettern von Stufe zu Stufe“, also: „Raus mit‘n Männern aus’m Dasein, aus’m Hiersein, aus’m Dortsein, sie müssten längst schon fort sein. Raus mit’n Männern aus’m Bau, und rin in die Dinger mit der Frau.“
Warum hört man das so herrlich provokante wie Ironie-gesättigte Couplet „Raus mit’n Männern aus’m Reichstag“, das Friedrich Hollaender vor rund hundert Jahren für Claire Waldoff schrieb, heute eigentlich kaum noch? Im Dortmunder Opernhaus gehört das Lied zu den Höhepunkten von Gil Mehmerts schwungvoller 20er-Jahre-Revue „Berlin Skandalös“. Im Schnodderton ausgelebt wird der Song von einer Künstlerin, die man lange nicht einer großen Bühne in der Region gesehen hat.
Angelika Milster ist als Musical- und Operettendarstellerin fast selbst eine Legende
In der Folge träumt Angelika Milster, als Musical- und Operettendarstellerin fast selbst schon eine Legende, nicht nur dem schönen, armen Gigolo nach, sondern fragt auch mit aggressivem Selbstbewusstsein „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben?“ aus der Operette „Eine Frau, die weiß, was sie will“. Das Werk von Alfred Grünwald und Oscar Straus wurde übrigens schon bei der Uraufführung 1932 von den Nationalsozialisten angegriffen – auch wegen des gefährlichen, „unvölkischen“ Frauenbildes.
Gil Mehmerts wilder Tanz durch die 20er, von Yara Hassan effektvoll choreographiert und von Mitgliedern der Dortmunder Philharmoniker pointiert orchestriert, ist ein musikalisches Antipasto, das den Appetit anregt, auf das der Hauptgang aber erst in der Spielzeit 2022/23 folgt. Dann steht John Kanders, von den Romanen Christopher Isherwoods inspiriertes, Musical „Cabaret“ auf dem Plan. Doch die Revue mit Musik u.a. von Theo Mackeben, Max Colpet, Duke Ellington, George Gershwin, Irving Berlin oder Hanns Eisler, mit Texten von Curt Moreck, Alexander Kareno oder Egon Erwin Kisch (seine berühmte Reportage über das Sechstagerennen), führt bereits jetzt – auch in Teilen des künftigen „Cabaret“-Bühnenbildes - in den fiktiven „Kit-Kat-Club“.
Das Publikum war begeistert - und hätte ohne die Schutzmasken wohl mitgesungen
Wir begegnen dem gezierten Conférencier (Rob Pelzer), der großen „Diva“ (Milster), folgen dem jungen Starlet (die stimmgewaltige Bettina Mönch), das zwischendurch als Sally Bowles „Mein Herr“ zum Ereignis macht. Glanzlichter setzt auch immer wieder „Gigolo“ Jörn-Felix Alt, der nicht nur (mit Hollaender) „alles mit den Beinen“ macht, sondern auch mitreißend seinen Bananen werfenden Ahnen „Am Amazonas“ huldigt.
Das Publikum war begeistert und hätte ohne die Schutzmasken, die auch am Platz getragen werden müssen, wohl mit lautem „Hidee-hidee-hidee-ho“ in Cab Calloways unsterbliches „Minnie the Moocher“ eingestimmt.
Termine: 27.10; 6.11. (19.30 Uhr); 21.11. (18 Uhr). Karten: Tel 0231-5027222