Essen. Wie kommt die Verschwörung in den Kühlschrank? Sigi Domke, Erfolgsautor von der Ruhr, hat seine eigene Antwort - und liefert sie in Buchform.

Seit über 30 Jahren schreibt er für „Knebels Affentheater“. Seit 25 Jahren ist er mit 60 Stücken „der“ Komödienschreiber des Ruhrgebiets. Die Lockdowns der Pandemie haben Sigi Domke etwas aus der Ruhe gebracht. Dennoch war er kreativ. Ein Gespräch mit Dagmar Schwalm über seine gerade erschienene Erzählung „Die Kühlschrank-Verschwörung“, die Entdeckung der Lyrik und die Rückkehr zu den musikalischen Wurzeln.

Herr Domke, mit der Pandemie haben sich Verschwörungstheorien vermehrt. Ist Corona Auslöser für Ihr neues Buch?

Es ist keine Corona-Geschichte. Verschwörungstheorien gab es schon vorher und das Befremden darüber war auch schon vorhanden. Der Auslöser waren die Geräusche, die unser Kühlschrank von sich gibt. Da kann man schon auf die Idee kommen, dass etwas dahintersteckt.

Rolli Sikorski ist der Held, der in eine abstruse Theorie verwickelt wird.

Eigentlich ist er ein Antiheld. Er ist Single, leidenschaftlicher Biertrinker und arbeitet gelegentlich in einem Gartenbaubetrieb. Das einzig Ungewöhnliche in seinem Leben ist ein sehr moderner Kühlschrank, der Geräusche macht. Zwei Freundinnen vermuten Bespitzelung und das Internet lässt die Geschichte eskalieren.

Kommt Rolli aus der Nummer wieder raus?

Ich mag es, wenn die Figuren sich entwickeln. Am Ende hat er eine Ahnung, dass seine Arbeit mehr als ein Gelegenheitsjob ist. Und es gibt für ihn eine Liebesgeschichte, die auch positive Konsequenzen hat. Wenn nichts passiert, wie soll sich etwas ändern? Das ist mein Thema in fast allen Theaterstücken und Geschichten.

Sie lieben Happy Ends?

Ich schreibe erbauliche Geschichten, die nicht im Desaster enden. Es geht nicht um eine heile Welt, sondern um ein Licht am Ende des Tunnels. Gerade in dieser Zeit ist die Nachrichtenlage so bedrückend, dass ich kein Interesse hatte, Ausweglosigkeit zu thematisieren.

Ein nicht neuer, aber schöner Kniff am Ende ist ein Schlagabtausch zwischen Hauptfigur und Autor.

Ja, das ist ganz schön. Ich spreche mit einer von mir erdachten Figur und komme in die Defensive. Als Autor weiß man ja alles, was man den Figuren nicht zugesteht. Für mich ist das etwas Neues.

Ihre Geschichte spielt, wie meist, hier in der Region. Sind Sie es manchmal leid, Ruhrgebietsdeutsch zu schreiben?

Ich bin durch Ruhrgebietskomödien erfolgreich geworden und etwas festgelegt. Es macht immer noch Spaß. Ich mache aber auch gern anderes. Das ist mit Knebel auf andere Art gelungen. Ich habe ein Kinderbuch geschrieben und humoristische Gedichte (Anmerkung: Beides noch nicht erschienen, Lyrikbeispiel unten). In der Richtung möchte ich weiterarbeiten. Ich mag es, mich neu auszuprobieren.

Sie scheinen im Lockdown wenig vermisst zu haben.

Ich habe vor Corona wieder angefangen, Musik und Texte zu schreiben und vor Publikum zu spielen. Mit der Band Twist und im Duo mit Veronika Maruhn. Beides war gut angelaufen und alles wurde abgesagt. Die Live-Musik habe ich sehr vermisst. Ich habe ja schon mit 20 Gitarre in einer Band gespielt, dann auch beim Affentheater. Das sind meine Wurzeln, meine Leidenschaft.

Gab es durch das Wegbrechen der Auftritte Auswirkungen auf das Schreiben?

Ja, ich konnte arbeiten. Trotz einiger Motivationshänger. Ich habe Corona-Hilfen bekommen, aber nichts verdient. Das macht schon Stress, für andere aber noch mehr. Hätte ja sein können, dass Christian Stratmann vom Mondpalast sagt: Ich mach’ das nicht mehr. Oder auch die Knebels, die sind ja auch nicht die Jüngsten. Ich wusste nicht, ob es weitergeht. Jetzt schlaf ich um einige Ecken besser.

Was war das Schlimmste?

Meine Mutter, die inzwischen verstorben ist, war in einem Pflegeheim und wir konnten sie zwei Monate nicht besuchen. Sie hatte sehr abgebaut. Es hat weh getan, sie so zu sehen. Sie brauchte den persönlichen Kontakt.

Gab es auch schöne Momente?

Die Entschleunigung der Gesellschaft. Jetzt sind wir wieder auf dem alten Stand. Man hat im Lockdown gesehen, dass manche Dinge sich ändern müssen: die Klimapolitik, der Verkehr in den Städten, wie wir mit Grünflächen umgehen.

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BUCHPREMIERE

Die Buchpremiere der Erzählung „Die Kühlschrank-Verschwörung“ (Henselowsky Boschmann, 144 S., 14,90 Euro) findet am 25. Oktober um 19.30 Uhr in der Buchhandlung „Junius“ in Gelsenkirchen, Sparkassenstr. 4, statt. Anmeldung: 0209/ 2 37 74. Weitere Lesung: „Insel der Bücher“, Gemarkenstr. 65, am 12. November, 19.30 Uhr. Anmeldung: hallo@inselderbuecher.de