Essen. In Essens Lichtburg eröffnete der Kölner Bestsellerautor das Literaturfestival Lit.Ruhr – und sprach druckreif und eloquent über die Klimakrise.

Die Krise hat sich noch nicht zur Tragödie ausgewachsen, meint Frank Schätzing, gerade wir in Europa haben noch die Möglichkeit, das Eintreten einer globalen Katastrophe zu verhindern. Tagsüber ist dem deutsche Physiker Klaus Hasselmann der Physik-Nobelpreis zuerkannt worden für die von ihm entwickelten Methoden, den menschlichen Fußabdruck im Klimawandel wissenschaftlich zu erfassen. Am Dienstagabend nun versucht der Kölner Bestseller-Autor in der Essener Lichtburg in einem flammenden Plädoyer Wege aufzuzeigen, wie dem fortschreitenden Klimawandel, der sich in der Tat als Menschheitskrise erweist, noch rechtzeitig begegnet werden kann: Durch eine Gesamtanstrengung eben dieser Menschheit.

Das Internationale Literaturfest Lit.Ruhr in Essen und den umliegenden Revierstädten findet zum fünften Male statt, doch die Eröffnungsveranstaltung in der (nach Corona-Maßgaben) fast ausverkauften Lichtburg ist eine Premiere. Keine Gala wie in den Vorjahren, kein literaturbeschwingter bunter Abend aus Geplauder, Lesungen und Musik. Frank Schätzing und sein Sachbuch-Thriller „Was, wenn wir einfach die Welt retten“ stehen im alleinigen Mittelpunkt. Die Moderation hat die Rundfunkjournalistin Stephanie Rohde übernommen, die sich eine gute Stunde lang als angenehm ruhige, überaus kompetente Fragestellerin erweist.

Der Klimawandel fordert alle: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft

Zwei Menschen sitzen sich auf dekorationsfreier Bühne vis-à-vis und – reden, sonst nichts. Aber was und wie sie reden, das hat nichts von dem üblichen Talkshow-Geplänkel, das reißt das Publikum mit und führt immer wieder zu Szenenapplaus. Natürlich gibt das vieldiskutierte Buch die Leitlinie vor, aber eben nur die Leitlinie. Wie Schätzing auf Rohdes kluge Fragen reagiert – eloquent, präzise in Argumentation und Beweisführung, dabei absolut druckreif – das ist weit entfernt von einer Quasi-Lesung, von Inhaltszusammenfassung oder Eigenwerbung.

Über dem Buch steht das Generalthema, steht der Klimawandel, der alle fordert: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft, jeden Einzelnen. Diese Zwiesprache auf der Bühne, das ist schnell klar, kann und soll die Eigenlektüre und die damit verbundenen individuellen Empfindungen und Schlussfolgerungen nicht ersetzen.

Frank Schätzing: „Mit schlechter Laune kann man die Welt nicht verändern“

Schätzing geht es um Grundlegendes. Um die Politik etwa, die seit Jahrzehnten wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert, mit Blick auf Wählerverhalten und zu befürchtende „Shitstorms“ in den sozialen Medien nur auf Sichtnähe agiert, keine langfristigen Visionen entwickelt. Und er freut sich, dass FDP und Grüne den Klimaschutz zum Wahlkampfthema gemacht haben. „Ich hoffe, dass die sich jetzt den richtigen Kanzler aussuchen.“ Vor allem aber geht es Schätzing um eine positive Grundeinstellung zu einem Thema, das in seiner ungeheuren Komplexität in der Tat nicht so einfach zu vermitteln ist.

Was auf keinen Fall hilfreich ist – und das ist sein einziger Kritikpunkt an der Aktivistin Greta Thunberg und ihrer Handlungsanweisung „I Want You to Panic“ – ist Panikmache. Panik erwächst aus Unkenntnis, aus Nichtverstehen, und ist ein schlechter Ratgeber. „Man braucht Optimismus. Mit schlechter Laune kann man die Welt nicht verändern.“