Essen. Im Science-Fiction-Spektakel geht es um die Macht im Universum, aber auch um Rohstoffabbau und ökologische Katastrophen im 11. Jahrtausend.

Der „Destill-Anzug“ sorgt dafür, dass Menschen auf dem Wüstenplaneten Arrakis überleben können, denn er fängt sämtliche Körperflüssigkeiten auf und gewinnt daraus trinkbares Wasser. So ähnlich funktioniert die Verfilmung des „Dune“-Romans von Frank Herbert, die ab dieser Woche große Wellen in unseren Kinos schlägt – sie destilliert das schier unverfilmbare Universum des Romans zu einer

Märchenwelt voller schrecklich schöner bis beinah romantisch schöner, allemal sehenswerter Bilder von Lebensfeindschaft und ihrer Überwindung. Aus den komplexen Bildräumen von Frank Herbert, die weniger von Konflikten im 11. Jahrtausend als von überaus irdischen Verhältnissen, Interessen und Prozessen erzählen, wurde eine einfache Message: Keine noch so große Katastrophe birgt so viel Unheil wie die ungebremste Gier des Menschen nach Macht und Reichtum.

So hätte aus dem lebensfeindlichen Planeten Arrakis ein Paradies werden können, aber dann fand man das „Spice“: Droge und Wundermittel zugleich, beflügelt es die Kapitäne der interstellaren Raumfahrt. Der An- und Abbau aber macht den Planeten Arrakis auf Dauer zur Wüste. Ihre heftigen Sandstürme können Metall zerschneiden.

Charlotte Rampling glänzt zwischen fliegenden Lampen und Laser-Gewehren

So weit, so aktuell – aber der Einstieg in diesen Film führt zunächst in eine seltsame Melange aus technoider Zukunftsvision und Mittelalter. Es gibt Herzöge und Lehen, aber auch bläulich-blitzschimmernde Schutzschilde für Menschen und Gebäude; die Mächtigen sprechen vor Zweikampf-Szenen, die in die Holzvertäfelung hinter ihnen geschnitzt sind, es gibt eine als Wahrsagerin arbeitende Hexe (grandios: Charlotte Rampling), aber auch fliegende Lampen und Laser-Gewehre. Und die Killer-Drohnen mit Vorliebe für Adelige heißen Jäger-Sucher, von denen Paul, der jugendliche Held und Messias-Kandidat dieses Films, schon gleich zu Beginn einen auf geniale Weise unschädlich macht.

Diese dramatische Spannungsszene unterbricht aber nur kurz den epischen Atem, mit dem der Film von Anfang an so erzählt, als ob es um die Vorgeschichte zu etwas viel Größerem ginge. So raunt denn auch der nach 155 Minuten schon etwas kampferprobtere Paul das Wort „Wüstenmacht!“ – und seine neue Gefährtin Chani antwortet bedeutungsschwanger: „Das ist erst der Anfang!“ – Abspann. Schließlich hat der kanadische Regisseur Denis Villeneuve mit „Dune“ erst die Hälfte des gleichnamigen Romans von Frank Herbert verfilmt, dessen „Dune“-Zyklus nicht weniger als sechs Bücher umfasst, also so etwas wie unendliche Weiten…

Es wird bestimmt ein Wiedersehen mit Timothée Chalamet geben

Jedenfalls kann man schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Timothée Chalamet wetten, der dem messianischen Adelssprössling Paul eine passgenaue Mimik zwischen visionärer Entrücktheit, jugendlichem Ungestüm und hochwohlgeborener Selbstgewissheit gibt und sich auch genau so bewegt. Rebecca Ferguson als seine Mutter und Herzogs-Konkubine liefert ein Musterbild an Kälte und Entschlusskraft, Oscar Isaac schenkt seinem Vater Herzog Leto eine beinahe shakespearsche Größe. Dass Dr. Kynes, der Ökologe (!) des Planeten, im Film durch eine schwarze Frau dargestellt wird, hat dagegen keine andere Bedeutung als die eines Zugeständnisses an die Quotenregelungen in Hollywood.

Ohne die wiederum geniale und nicht von ungefähr fast pausenlos ertönende Musikmelange von Hans Zimmer (diverse Trommeln und E-Gitarren drohen, sparsame Synthesizer wummern, lauern, zirpen, und hier und da ein Tupfen Weltmusik inklusive Dudelsack, alles meisterlich amalgamiert) wäre dieser Film nur halb so spannend. Das eigentliche Spektakel aber sind selbstverständlich die Spezialeffekte. Die gigantomanen, aus einer Art Beton bestehenden Raumschiffe etwa oder die „Spice“-Erntemaschinen; die kilometerlangen Sandwurm-Ungeheuer und die Sternenkrieger-Armeen mit ihren libellenartigen Ornithopter-Flugmaschinen (die waren bei Herbert noch Vögeln nachempfunden). Bei allem Schauwert fliegen hin und wieder allerdings auch unfreiwillig komische Metall-Eier durchs Universum. Und die Sternenkrieger paradieren in Kohorten mit Standarten, als würden sie mit Cäsar über den Rubikon gehen.

Sobald der in Jordanien gedrehte Film aber die Wüste ins Bild nimmt, entstehen nicht minder sehenswerte Kontraste zwischen wimmelnder Materialschlacht und dem majestätisch Einfachen, Erhabenen. Es ist der Raum, in dem das Menschliche auf seine wahre Größe reduziert erscheint. Und doch als Hoffnungsschimmer dasteht.