Neu im Kino: Ein mystischer Rachegeist mit Hakenhand treibt sein Unwesen – und ein Roman von Jack London findet den Weg auf die Leinwand.
„Bigfoot Junior“ – Ein tierisch verrückter Familientrip: Digital-Animation aus Hollywoods zweiter Reihe. Eine nicht alltägliche US-Familie (drei Menschen, zehn Tiere) macht sich im Riesenwohnmobil auf den Weg nach Alaska, um dort die Natur zu retten. Technisch solide Familienunterhaltung, effektsicher garniert mit Sitcom-Humor für die Erwachsenen und Comicstrip-Slapstick für die Kleinen.
„Candyman“ – Ein mystischer Rachegeist mit Hakenhand wird in der Menschenwelt aktiv, wenn man vor einem Spiegel fünfmal seinen Namen spricht. Jordan Peele („Get out“), Leitfigur des schwarzen US-Gruselkinos, produzierte eine geschickt modernisierte, ansonsten eher unoriginelle Neuauflage des Horror-Klassikers von 1992. Wem vor ein paar Wochen „Spell“ gefiel, geht hier kein Risiko ein.
Komödiantische Romanze im Stil von „Gaza Mon Amour“
„Der Hochzeitsschneider von Athen“ – oder: Die Geschichte vom armen Schneider, der angesichts schlechter Wirtschaftslage umdenken muss und dabei zu neuer Liebe findet. Komödiantisch unterfütterte Romanze, die den Schwerpunkt eher aufs Besinnliche legt und dabei ähnlich sicher punktet wie vor ein paar Wochen „Gaza Mon Amour“. Ein Märchen für Erwachsene, im besten Sinne.
„Killer’s Bodyguard 2“ – Fortsetzung des Actionhits von 2017. Ein in Ungnade gefallener Leibwächter (Ryan Reynolds) will seine Reputation retten. Das geht nur, wenn er mit der Hilfe eines wohlbekannten Killerpärchens (Samuel L. Jackson, Salma Hayek) einen Weltverbrecher (Antonio Banderas) ausschaltet. Eine ziemlich laute Orgie aus pubertären Sexwitzen und kaltschnäuziger Comicstrip-Gewalt. Alle Beteiligten verkaufen sich unter Wert, aber in einigen Szenen ist das sehr lustig.
Bildprächtige Verfilmung eines Romans von Jack London
„Martin Eden“ – Ein junger Mann aus ärmsten Verhältnissen will mittels Bildung und einer Karriere als Schriftsteller die Liebe eines Mädchens aus reichem Hause und den Respekt ihrer Familie erringen. Bildprächtige Verfilmung von Jack Londons autobiografisch gefärbtem Roman, die das Geschehen ins Italien zur Mitte des 20. Jahrhunderts verlegt und dabei die Balance zwischen Sinnlichkeit und Gesellschaftskritik im Stil des frühen Bernardo Bertolucci anstrebt. Luca Marinelli bekam 2019 den Darstellerpreis in Venedig.
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„Reminiscence“ – Miami steht in naher Zukunft in Teilen unter Wasser: Ein Ex-Soldat (Hugh Jackman) gerät in Gefahr, als er einer schönen Frau (Rebecca Ferguson) nachspürt, die sein Herz eroberte und dann plötzlich verschwand. Ein talentfrei gequirlter Kosmos aus Endzeit-Angst, SciFi-HighTech, Noir-Stimmung der 40er und Retro-ArtDeco der 80er Jahre, inszeniert als Mosaik der Klischees und Stereotypen und Stars, die nur Posen werfen und keine Chemie zueinander entwickeln.
Blick auf ein Widerstandsnetzwerk im Dritten Reich
„Die rote Kapelle“ – Filmische Geschichtsstunde, die das Wirken und den Untergang eines Widerstandsnetzwerks im Dritten Reich nach neuer Aktenlage mit den Nachfahren der Beteiligten aufbereitet. Die Spielszenen entstammen der deutsch-französischen TV-Serie von 1972 und dem DDR-Kinofilm „KLK ruft PTZ: Die rote Kapelle“ aus dem Vorjahr, was ein filmhistorisch reizvolles Experiment darstellt.
„Tides“ – Weil wegen Unfruchtbarkeit das Ende droht, entsendet eine Weltraumkolonie eine Expedition zur Erde, um neuen Lebensraum zu erkunden. Der Planet ist jedoch weitgehend überflutet und gezeichnet von brutalem Überlebenskampf. Euro-Science-Fiction von Tim Fehlbaum („Hell“), der erneut ein Endzeit-Szenario in ehrgeiziger Bildgestaltung aufzäumt. Genrekino mit Anspruch, bei dem der Funke aber nur spärlich überspringt.