Essen. ZZ Top trägt Trauer: Ihr Bassmann Dusty Hill ist im Alter von 72 Jahren gestorben. Ein Nachruf auf den coolsten Tieftöner der Welt.

Die Hitze ist unerträglich. Kein Lüftchen weht. Die Luft steht. Ein Häusertrakt duckt sich einsam in die Wüstenödnis. Von Ferne ist ein tiefes Brummen zu hören. Fraglos Harley-Davidson-Motoren. Drei Maschinen nähern sich, stoppen. Die Fahrer steigen langsam aus dem Sattel, Sonnenbrille, zwei tragen lange Bärte. Sie klopfen sich den Staub von den Hosen und treten wortlos ein. Drinnen warten die Instrumente. Und dann drehen die drei Typen die Verstärker auf volles Brett und malträtieren die Schlagzeugfelle...

So oder ähnlich stellt sich der eine oder andere Musikfan sicherlich die Szenerie vor, wenn ZZ Top sich zu einem neuen Studioalbum treffen. Doch die vermutlich coolste Bluesband der Welt jammt nicht. Sie trägt Trauer. Ihr Tieftöner ist gegangen: Bassist Dusty Hill starb im Alter von 72 Jahren auf seiner Ranch in Texas.

Schon in den vergangenen Wochen trat die Band ohne ihn auf, Hüftprobleme hieß es. Nun ist Dusty Hill gestorben.
Schon in den vergangenen Wochen trat die Band ohne ihn auf, Hüftprobleme hieß es. Nun ist Dusty Hill gestorben. © dpa | Mike McCarn

Dass bei den Jungs irgendwas im Busch war, ließ sich schon in den vergangenen Wochen erahnen. Da traten ZZ Top bereits ohne ihren Bassmann an. Gitarrist Billy Gibbons und Drummer Frank Beard (der einzige ohne Bart in der Band...) teilten sich mit Gibbons’ Gitarrentechniker Elwood Francis die Bühne. Hill habe Hüftprobleme hieß es zur Begründung, dass das legendäre Trio erstmals seit einem knappen halben Jahrhundert nicht in der Stammformation die Halle rockte.

Todesursache bleibt offen

Nähere Informationen zur Todesursache gibt die Band nicht. Nur dies lassen sie verlauten: „Wir sind traurig über die heutige Nachricht, dass unser Kumpel Dusty Hill zu Hause in Houston, Texas, im Schlaf gestorben ist.“ Und: „Zusammen mit Legionen von ZZ Top-Fans auf der ganzen Welt werden wir Deine standhafte Präsenz, Deine Gutmütigkeit und Dein dauerhaftes Engagement vermissen.“

Mehr als 50 Jahre waren ZZ Top eine musikalische Wand und eine der lautesten Livebands der Welt. Gesegnet mit einer Coolness, die ihresgleichen suchte, faszinierten sie ihr Publikum. Und im Gepäck hatten sie stets die Hits, die über die Jahre im Dutzend zu Klassikern geworden waren. Von „Tush“ über „Sharp Dressed Man“ bis zu „Gimme All Your Lovin’“.

Alben im Akkordtempo

Nach ihrem Start in den späten 1960ern in Houston/Texas dümpelte die Band erst mal eher vor sich hin, ehe 1973 mit dem Album „Tres Hombres“ der Durchbruch gelang. In der Folgezeit veröffentlichten sie ihre Alben im Akkordtempo. Und langsam wurden auch die deutschen Rockfans auf diese „kleine Band aus Texas“ aufmerksam.

Wobei die Hinwendung zu elektrischen Elementen und Drumcomputer in den 1980er-Jahren keineswegs jedem aus der stetig gewachsenen Fangemeinde gefiel. Da war sogar von Verrat die Rede, was natürlich der pure Unsinn ist – und die Herrschaften ohnehin nicht aus der Ruhe bringen konnte. Allen voran Dusty Hill untermauerte mit seinen stoisch servierten tiefen Tönen den Ruf, dass ZZ Top eine großartige Band ist, egal, ob sie pur bluesrocken oder Synthesizer einsetzen.

Diverse Soloprojekte

Wie es mit ZZ Top weitergeht, ist völlig offen. Gibbons (71) und Beard (72) sind nun wahrlich nicht in dem Alter, in dem man einen Neuanfang wagt. Aber dass sie noch für die Musik brennen, zeigt zumindest Gibbons mit seinen diversen Soloprojekten. Joe Michael Hill, wie er eigentlich hieß, würde ein Weitermachen sicher gutheißen. Er würden lächeln – und schweigen.