Essen. Katharina Hacker entführt junge Leser in die Welt der Pferdeträume: „Alles, was passieren wird“ behandelt große Themen – ohne zu belehren.
Warum nur fliegen junge Mädchen so auf Pferde? Katharina Hackers Jugendbuch „Alles, was passieren wird“ (Sauerländer, 256 S., 13 €, ab 12 Jahren) ist nur auf den ersten Blick ein Großstadtroman – im zweiten Teil nämlich flieht Iris, die erst kürzlich ihre Mutter verlor und gar nicht weiß, wohin mit ihrer Trauer, aufs Land, um der Schimmelstute Bellina nahe zu sein. Denn bei Bellina – und dies ist wohl die Antwort auf die Frage – findet Iris auf geradezu magische Weise Trost.
Schriftstellerin Katharina Hacker, die 2006 für ihren Roman „Die Habenichtse“ den Deutschen Buchpreis erhielt und zu den profiliertesten deutschen Gegenwartsautorinnen zählt, siedelt ihren Jugendroman in ihren beiden Wahlheimaten an, in Berlin-Friedenau und dem Löwenberger Land nördlich der Stadt.
Realitätsnahe und bodenständige Ausreißer-Geschichte
Ebenso realitätsnah und bodenständig scheinen auf den ersten Blick ihre Figuren und ihr Plot: Eine Ausreißer-Geschichte unter Schülern, eine Freundschaft wird erneuert, zwei Terrier werden vor dem Tierheim gerettet – und das Vertrauen eines Pferdes wird erobert. Denn auch die Stute Bellina hat einen Verlust erlitten, hat einen vierbeinigen Gefährten verloren und gilt seither als „bissig“.
Bemerkenswert an diesem Roman ist nicht nur, wie lässig Katharina Hacker ihn erzählt und welch urige (Dorf-)Typen sie erfindet, inklusive Berliner Dialekt. Sondern auch, wie geschickt sie ihren jugendlichen Lesern andere Welten, andere Sichtweisen unterjubelt. Wenn Iris vor ihrer abenteuerlichen Reise von einer türkischen (nein: tscherkessischen!) Mitschülerin mit Essen versorgt wird, dann geht es ganz nebenbei um die Großmutter der Mitschülerin, und ihre Ideen von Leben und Tod und dem, was wir Jenseits nennen. So handelt dieses Buch nicht zuletzt davon, dass jeder Tod Loslassen bedeutet – auch von überkommenen Vorstellungen und Annahmen.