Essen. Die Verleihung des ersten Deutschen Jazzpreises, gestiftet von Kulturstaatsministerin Grütters, in vier Jazz-Clubs war ein bewegendes Ereignis.

Erstmals ist am Donnerstag der Deutsche Jazzpreis verliehen worden. 2018 hatte sich der vergleichbare Echo selbst disqualifiziert wegen Frauenverachtung und Antisemitismus bei einigen Preisträgern. Viele schickten ihre Preise zurück. Nun hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) den ersten Preis der Bundesregierung für Jazz zur Chefsache gemacht. Ziele sind die jährliche Wiederkehr der Ehrung der mit jeweils 10.000 Euro gewürdigten Sieger in 31 Rubriken und die Stärkung einer die Kulturen verbindenden Szene, die Pluralismus vorlebt, stilbildend ist und zumeist ohne kommerzielle Erfolge auskommen muss.

Jazz ist Clubmusik. Deswegen wechselte die auf vielen Kanälen gestreamte Veranstaltung vom Hamburger Hauptstudio in die Jazzclubs Unterfahrt (München), A-Trane (Berlin) und Ella & Louis (Mannheim). Viele der Preisträger und Juroren waren anwesend, es gab auch Liveauftritte, sodass eine Ahnung davon entstand, wie wichtig die sind für diese sich immer wieder vital weiterentwickelnde Musik. Als Laudator und Nestor der Szene brachte das der 91-jährige Rolf Kühn auf den Punkt: Immer wieder ginge es darum, „Klischees über den Haufen zu werfen“. Er sagte das, als er verkündete, dass Philipp Gropper’s Philm zur Band des Jahres gekürt wurde – eine richtungweisende Entscheidung für avantgardistische Konsequenz und dringliche Intensität.

Aki Takase, Carla Bley und Julia Hülsmann unter den Ausgezeichneten, Ute Lemper lobt

Am Beginn des Reigens hatte Ute Lemper die Schweizerin Lucia Cardotsch zur Sängerin des Jahres erklärt, deren Tränen dann vom Start weg Gänsehautgefühle produzierten. National machten u. a. Daniel Erdmann, Aki Takase und Christopher Dell als Instrumentalisten das Rennen und als Instrumental-Album das Quartett der einstigen Moers-Improviserin Julia Hülsmann. Der Gitarrist Ronny Graupe wurde auch für neue Präsentationsformen während der Pandemie prämiert. Für den Innovationsschub des Jazz steht ganz unbedingt der Schlagzeuger Christian Lillinger, was ihn zum doppelten Gewinner des Abends machte: als Instrumentalist und nationaler Künstler des Jahres.

Genau dafür gibt es den Deutschen Jazzpreis: dass Kreativberserker wie er in ihrem Tun ermutigt werden. Als internationale Instrumentalisten und Bands wurden u. a. Jaimie Branch, Carla Bley, Shake Stew, Wolfgang Muthspiel, Brian Blade u. a. dekoriert und als Künstler des Jahres der Pianist Tigran Hamasyan.

Höchst emotionale Worte von Herbie Hancock

Am Ende dann gab es noch einmal ganz große Gefühle: Aus Los Angeles war Herbie Hancock zugeschaltet, um dem Hamburger Konzertveranstalter Karsten Jahnke zum Preis für sein Lebenswerk zu gratulieren. Er fand nicht nur höchst emotionale Worte für das Bestehen einer Männerfreundschaft über mehr als fünfzig Jahre, sondern leitete beiläufig her, was das ist: die Community des Jazz. Wieder diese Tränen im Augenwinkel und das gute Gefühl, dass dieser Preis ein wichtiges Signal ist und Mut macht an der richtigen Stelle.