Paris. Schauspieler Omar Sy verhilft als Meisterdieb der neuen Netflix-Serie „Lupin“ zu großartigen Erfolgen – nach einer Romanvorlage aus dem Jahr 1905.
Omar Sy als Mitglied einer Putzkolonne im Louvre-Museum, der sich auf seinen Schrubber gestützt ein Tête-à-Tête mit der Mona Lisa gönnt – gleich eine der ersten Szenen der seit Januar verfügbaren Netflix-Serie „Lupin“ ist kultstatusreif. Trotzdem hat man selbst bei ihren Machern, Frankreichs größtem Filmunternehmen Gaumont, nicht davon zu träumen gewagt, einen solchen Coup zu landen: Innerhalb von nur drei Wochen nämlich mauserte sich „Lupin“ zur bisher erfolgreichsten Original-Produktion des Streaming-Giganten.
70 Millionen Haushalte haben den Fünf-Teiler in seiner Startphase weltweit gesehen, was dem Historiendrama „Bridgerton“ (82 Millionen) dicht auf den Fersen ist und den Serien-Hit „Das Damengambit“ (62 Millionen) in den Schatten stellt. „Dass es ,Lupin’ in Frankreich auf den ersten Platz der Netflix-Charts schafft, hatten wir gehofft“, erklärt Isabelle Degeorges. Allerdings gibt die Direktorin der Gaumont-Fernsehsparte unumwunden zu, wie „verblüfft wir über die Tatsache sind, dass die Serie auch in den USA, in Südamerika, in Russland, in Vietnam oder in Indien zu den meistgesehenen Netflix-Programmen zählt“. Die Überraschung ist umso größer, weil sich die in Frankreich sehr populäre Figur des Gentleman-Diebes Arsène Lupin in der Vergangenheit nie wirklich exportieren ließ.
Schriftsteller Maurice Leblanc hatte den charmanten Gauner 1905 erfunden
Der französische Schriftsteller Maurice Leblanc hatte den charmanten Gauner 1905 erfunden und dessen Abenteuer in 20 Romane erzählt, die links des Rheins allesamt Bestseller wurden. Als Publikumsrenner entpuppten sich auch zwei Theaterstücke und mehrere Verfilmungen, jedoch nicht im Ausland. Allein in Japan konnte „Lupin III“ als Manga-Comicheld eine größere Fangemeinde erobern.
Warum das so war, haben sich die Philologen nie so recht erklären können. Schließlich ist der Verwandlungskünstler Arsène Lupin in gewisser Hinsicht eine moderne Wiedergeburt von Robin Hood, der die Reichen beraubte, um die Armen zu beschenken. Der Gentleman Lupin seinerseits bestiehlt allein Zeitgenossen, die auf fragwürdige Weise zu ihrem Reichtum gekommen sind und führt die Polizei ebenso geschickt an der Nase herum wie Hood die Schergen des Sheriffs von Nottingham. Dennoch blieb Lupin der internationale Ruhm seines englischen Vorgängers verwehrt.
Arsène Lupin hat den Namen Assane Diop angenommen und wird gespielt von Omar Sy
Doch seit Arsène Lupin den Namen Assane Diop angenommen hat, seine weiße Haut gegen ein schwarze eintauschte und die Züge von Omar Sy trägt, ist alles anders. Sy, der mit dem Kassenschlager „Ziemlich beste Freunde“ (2011) in die erste Riege der französischen Schauspieler aufgestiegen ist, erfindet den Meisterdieb als mit Chuzpe, Witz und kriminellem Genie gesegneten Einwanderersohn aus dem Vorstadtgetto völlig neu.
Bestens bedient wird er dabei von einem Drehbuch, welches großartige Kulissen mit Spannung und Humor zu verknüpfen weiß. Ein Hingucker eben, der Arsène Lupin zu einem völlig unerwarteten Comeback verhilft und dessen zweite Staffel hartnäckigen Gerüchten zufolge nicht allzu lange auf sich warten lassen soll.