Essen. Paul McCartney im Rockdown: Der Ex-Beatle präsentiert mit „McCartney III“ ein überaus hörenswertes neues Album. Es überzeugt mit Minimalismus.

Dieses Album von Paul McCartney ist „Made in Rockdown“, so die Ankündigung. Rock während des Lockdowns also, aufgenommen und produziert ganz allein zu Hause im Studio. Nur der Ex-Beatle und seine Ideen. „McCartney III“ heißt das überaus hörenswerte Ergebnis, mit dem er eine kleine Tradition fortführt. Schon auf „McCartney“ (1970) und „McCartney II“ (1980) spielte er alle Instrumente selbst ein, und dass er ein Multiinstrumentalist ist, hat er häufig bewiesen. Selbst sein Schlagzeugspiel ist oft gefragt – etwa 2017 auf dem Stück „Sunday Rain“ von den „Foo Fighters“ oder damals bei den Beatles auf „Back in The U.S.S.R.“ (1968), als Ringo Starr die Band vorübergehend verlassen hatte.

Nun wollte der inzwischen 78-Jährige zu Hause in Sussex lediglich das schon in den 1990er-Jahren mit George Martin als Co-Produzent begonnene Stück „When Winter Comes“ überarbeiten, doch dann nutzte er die pandemiegeschuldete Isolation für tägliche Studiobesuche und spontane musikalische Versuchseinheiten, quasi für Sessions mit sich selbst. Am Ende stand eine Sammlung ungewöhnlicher, ungeschliffener Songs und musikalischer Skizzen, die „McCartney III“ zu einem seiner besten Alben machen.

Fernab von handelsüblichem Rock- und Popgigantismus

Herausragend das hypnotische „Deep Deep Feeling“, eine achteinhalbminütige Nummer, die ganz reduziert mit Gesang und Drums beginnt, sich langsam und entspannt entwickelt, inklusive einer relaxten Sologitarrenpassage. Sehr rockig, cool und energiegeladen der Opener „Long Tailed Winter Bird“, der wie viele der Stücke einen meisterlich unfertigen Eindruck hinterlässt. McCartney hat es darauf angelegt, so wenig und rau wie möglich zu produzieren. Minimalismus fernab von handelsüblichem Rock- und Popgigantismus.

Immer wieder gibt es Überraschungen in der musikalischen Akzentuierung, der Melodieführung und auch bei der Instrumentierung, wobei das Mellotron aus den Abbey Road-Studios ebenso zum Einsatz kommt wie der legendäre Kontrabass, der einst Bill Black gehörte. Black war der Bassist in der ersten Band von Elvis Presley. Das Instrument hat McCartney in den 1970er-Jahren von seiner inzwischen verstorbenen Frau Linda als Geburtstagsgeschenk bekommen.

Paul McCartneys Stimme hat sich verändert

Ganz am Ende erklingt das fast 30 Jahre alte „When Winter Comes“, das deutlich macht, wie sehr sich McCartneys Stimme inzwischen verändert hat. Sie klingt jetzt brüchiger und rauer, hat so aber an erdigem Charme gewonnen.