Hagen. „Interkultur Ruhr“: Der gebürtige Bulgare Myuslyum Asan (28) macht in Hagen Romakultur(en) sichtbar – als Mitgründer des Vereins „Romano Drom“.

In seinem früheren Leben hatte Myuslyum Asan einen Traum. Er wollte Geigenbauer werden. In seiner Heimatstadt Kasanlak in Bulgarien hat er das Handwerk in einer Fabrik für Saiteninstrumente gelernt. Mit seiner Ausbildung stand ihm eine Karriere als Instrumentenbauer offen, nur ein Praktikum trennte ihn noch vom Abschluss. Doch als Asan gerade 18 Jahre alt war, starb seine Mutter, ein Jahr später kam sein Bruder bei einem Unfall ums Leben. „Das war zu viel für mich, der Verlust hat mich schwer getroffen“, sagt er. „Es war Zeit für einen Neuanfang.“

Myuslyum Asan verließ seine Heimat und lernte viele Länder Europas kennen. Seit Ende 2015 lebt er dauerhaft in Hagen. Dort arbeitet der 28-Jährige im Dienste der Stadt als Quartiersmanager. Er unterstützt Menschen aus Südosteuropa in verschiedenen Bereichen des Alltags, er begleitet sie bei Behördengängen, tritt als Dolmetscher auf, hilft bei bürokratischen Hürden. Er ist ein Vermittler zwischen den Kulturen – und Mitgründer des Vereins „Romano Drom“.

In Hagen leben rund 5000 Menschen aus Rumänien und Bulgarien. Die meisten sind wegen der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Deutschland gekommen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben trieb sie an. „Die Menschen hier meinen, die Südosteuropäer würden irgendwann von alleine wieder weggehen. Aber das ist nicht so. Für viele von ihnen ist die Situation hier schon besser als an den Orten, von denen sie gekommen sind“, sagt Asan. „Es sind arme Leute, die herkommen.“

Der Verein „Romano Drom“ gibt Unterstützung beim Ankommen

Viele von ihnen gehören der Minderheit der Roma an. Deutsche nehmen sie oft als einheitliche Gruppe wahr – doch das sind sie nicht. Es gibt rumänische Roma, bulgarische Roma, es gibt die aus Süd-Rumänien stammenden Pfingstler-Communities... Allen gemein ist ein oft schlechtes Image in der Öffentlichkeit. „Es gibt tatsächlich viele Vorurteile“, sagt Asan, „Deutsche fragen: Warum haben Eure Leute so viele Kinder, warum fahren so viele von Euch so dicke Autos, warum werft Ihr den Müll auf die Straße.“

Für viele Roma ist es daher schwierig, in Kontakt mit der deutschen Bevölkerung zu kommen. Um dies zu ändern, haben Asan und weitere Mitstreiter im September 2019 „Romano Drom“ gegründet, was in etwa „Roma-Weg“ bedeutet. Der Verein engagiert sich unter anderem im Netzwerk „Interkultur Ruhr“, das sich für die interkultureller Arbeit im Ruhrgebiet einsetzt. „,Romano Drom’ ist ein wichtiger Partner für uns“, sagt Kurator Fabian Saavedra-Lara. „Die Initiative ist 2020 zum Beispiel im Interkulturellen Kalender des Ruhrgebiets vertreten und hat sich im Herbst am Programm zur Ausstellung ,Fassade’ im Dortmunder U beteiligt, die sich unter anderem mit Roma-Architekturen befasst.“

Das Ziel des Vereins ist, kurz gesagt, Roma bei allen Belangen des Ankommens zu unterstützen. Bei der täglichen Arbeit gehe es darum, Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenzubringen, Vorurteile abzubauen und die Romakultur(en) in der Stadt und in der Region sichtbar zu machen.

Schwarzweissbunt-Festival in Hagen für Menschen verschiedener Nationalitäten

„Wir machen zum Beispiel mit beim Hagener Schwarzweissbunt-Festival, bei dem Menschen vieler verschiedener Nationalitäten mitwirken und ihre Kultur präsentieren“, sagt Asan. „Solche Anlässe sind für uns sehr wichtig, um unsere Arbeit bekannter zu machen, Kontakte zu knüpfen und Netzwerke aufzubauen.“ Auch das von der Roma-Community organisierte „Avilem, Avilem“-Festival (in etwa: „Wir kommen an“) ist eine Säule im Kulturprogramm des Vereins: Die Veranstaltung soll Alteingesessene und Neuzugewanderte bei Musik, Handwerkskunst sowie traditionellen Speisen zusammenbringen.

„Dass die Festivals in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten, ist für uns sehr schade“, sagt Silvana Gashi, die Vorsitzende des Vereins. „Wir hoffen nun, dass sie im kommenden Jahr stattfinden können.“