Dortmund. Der Fotograf Luigi Toscano hat mehr als 400 Überlebende der NS-Verfolgung fotografiert. 70 seiner Bilder sind jetzt in Dortmund zu sehen.

Seit 2014 arbeitet der Fotograf Luigi Toscano, Mannheimer mit italienischen Eltern, „Gegen das Vergessen“: Mehr als 400 Überlebende der NS-Verfolgung hat der einstige Fensterputzer, Türsteher und Dachdecker in Russland, Belarus, der Ukraine, in den Niederlanden, Israel und den USA, in Skandinavien und Deutschland besucht, hat sie zu ihrer Geschichte befragt – und fotografiert.

Toscano zeigte seine Porträts, die er übermannshoch auf Stoff aufziehen ließ, in Metropolen wie New York, Kiew, Washington, Berlin und San Francisco – und nun sind 70 der Bilder im Dortmunder Westfalenpark bis zum symbolträchtigen 9. November zu sehen, am Weg von der Ruhrallee zum Florianturm.

In Wien zerschnitten und besprüht

Wie schon bei der Station in Berlin stehen auch hier wieder die Fotos von Walter Frankenstein und Horst Sommerfeld nebeneinander. Den einen hatte Toscano in Schweden besucht, den anderen in Nordrhein-Westfalen. „Dass sie beide im polnischen Flatow geboren waren, hätte mir ja auffallen können“, aber erst ein aufgeregter Anruf von Horst Sommerfeld aus Stockholm brachte die Erleuchtung: Horst und Walter waren Schulfreunde gewesen, die nun nach 80 Jahren wieder zuein­ander fanden.

„Ich habe Menschen getroffen, die drei Todesmärsche und ein KZ überlebt haben,“ berichtet Toscano, „und manche haben ihre Familie dazugeholt, weil sie auch ihr zum ersten Mal von ihren schrecklichen Erfahrungen berichten wollten.“

Trauer, Wut, am Ende auch Zuversicht

Toscano will, inspiriert von Santayanas Satz, dass wir verdammt sind, die Vergangenheit zu wiederholen, wenn wir sie vergessen, zum Erhalt unserer Demokratie beitragen. Und dass seine Bilder 2019 in Wien mit Hakenkreuzen beschmiert und zerschnitten wurden, hat ihm nach Trauer und Wut am Ende auch Zuversicht beschert: „Da waren so unendlich viele Menschen, die anschließend auf die Bilder aufgepasst haben, sogar junge Muslime, bei denen sich der Oberrabbiner von Wien bedankt hat.“