Düsseldorf/Duisburg. Der neue Ballettchef an der Rheinoper stellt sich vor: mit drei Abenden voller Miniaturen, die neugierig machen auf weitere Tanz-Erlebnisse.
Corona hat fast sechs Monate auch das Ballett am Rhein lahmgelegt. Weder Training mit 43 Tänzern im gefüllten Ballettsaal noch Proben für neue Stücke waren wegen Abstandsregeln und Maskenpflicht möglich. Nun wagt sich der neue Chefchoreograph Demis Volpi zu einem „First Date“ mit seiner Kompanie, die nach dem Wechseln von Martin Schläpfer nach Wien zu zwei Dritteln aus neuen Gesichtern besteht. Die Neugier auf das, was ‚der Neue‘ so drauf hat, war groß. Da aber - durch Corona bedingt - das Kartenkontingent auf ein Drittel geschrumpft ist, bittet Volpi sein Publikum zum ersten ‚Rendez-vous‘ an drei Abenden, mit verschiedenen Episoden. Miniaturen und Petitessen des 34-jährigen Argentiniers Volpi und anderen Tanz-Kreateuren ziehen in pausenlosen 70 Minuten vorüber. Ohne Orchester, dafür mit Klavier, Geige, Gitarre oder mit Einspielungen vom Band.
Dieses „First Date“ im nach Corona-Maßstäben mit 460 Plätzen ausverkauften Haus in Düsseldorf (Duisburg folgt am kommenden Wochenende) zeigt eine starke Verjüngung und Internationalität. Ein Wunder ist’s, dass fast alle Tänzer aus 20 Nationen (stark vertreten ist Lateinamerika) pünktlich anreisen konnten. Einige von ihnen haben noch nicht ihre Topform erreicht, und suchen, wie in der „Chaconne“ von Bach (Choreographie von 1941: José-Limón) nach sicheren Balancen. Im Laufe der ersten zwei Episoden finden sie aber in Sprüngen und Pirouetten zunehmend zu neoklassischer Präzision.
Demis Volpi findet lässige Bilder zu Jazz und Blues
Mit der Auswahl des Limón-Klassikers und des „Spectre de la Rose“ von Mario Galizzi (nach Michel Fokine) beweist Volpi, dass er, wie sein Vorgänger, auch auf Altmeister neoklassischen und klassischen Tanzes setzen wird. Manchmal kühle Ästhetik, kleine flinke Bewegungen, fließende klassische Linien und manchmal präzise Reihen bietet Volpi mit seinen kurzen Stücken. Wie bei einem First Date in Corona-Zeit üblich, liefert er nicht gleich einen Knüller, sondern tastet sich mit aparten, aber wenig aufregenden Soli zu Jazz von Nina Simone („Allure“) oder Chet Baker („Look fort he Silver Lining“) an das Publikum heran. Ganz nett ist die Art, wie er lässigen Blues und Jazz bebildert, aber auch nicht mehr.
Eine kräftigere Handschrift zeigt eher die Kanadierin Aszure Barton mit dem Männer-Pas-de-deux „Awaá“. Virtuos getanzt von Yoav Bosidan und Daniel Smith. Letztere beweisen, dass Volpi auch einige Talente und starke Bühnenpersönlichkeiten engagierte. So auch Simone Messmer (in „Allure) und Tommaso Calcia in Volpis Ausschnitten aus „Private Light“ von 2011. Zur Gitarrenmusik von Albeniz und Villa-Lobos beherrscht der Italiener die Szene mit gestochen scharfen Bewegungen und Balancen. Ebenso überzeugen Lara Delfino und Nelson Lopez Garlo in einem lässigen, schmiegsamen Pas-de-deux, den sie derzeit nur tanzen dürfen, weil sie privat ein Paar sind, also in einem Haushalt leben.
Die ganze Volpi-Truppe überzeugt durch Aufbruchstimmung
Aber auch auf Ironie versteht sich Volpi. Zu erleben in der ulkigen Parodie auf den Bravour-Pas-de-deux aus „Don Quixote“. „De la Mancha“ nennt er diese hintersinnige Humoreske. Drei Männer stemmen sich mit gleitenden Bewegungen gegen die schmissige Musik und ihre virtuosen Höhepunkte, die Ballettfans in diesem Moment erwarten. Einen Blick in die ersten Begegnungen mit seiner Kompanie im Ballettsaal bietet zudem das Video „Die Dokumentation“ in drei Episoden. Sympathische Impressionen sind das, in denen die ganze Volpi-Truppe durch Aufbruchstimmung überzeugt und neugierig macht auf weitere Ballett-Erlebnisse.
Zeiten und Preise: www.operamrhein.de.