Düsseldorf. In der Düsseldorfer Tonhalle fand das erste „Sternzeichen“-Konzert unter weitgehend virenfreien Bedingungen statt. Ein mulmiges Gefühl bleibt.

Beethoven und Mozart gehen auch mit Maske. Bei der dritten „Leonoren-Ouvertüre“ machen es die Symphoniker den Abonnenten besonders leicht: mit leichtfüßig, schnell und fein ziseliert klingen Streicher, Blech- und Holzbläser und machen die Pandemie-Zwangsmaßnahmen schnell vergessen. Bei schwierigen, komplexen und freitonalen Werken wie dem Violinkonzert von Alban Berg wird’s schon heikler. Da nesteln manche der knapp 1000 Zuhörer in der Tonhalle ungeduldig an ihrem Mund-Nasen-Schutz.

Es war das erste Mal seit März, dass so viele Besucher gleichzeitig Zutritt zum Mendelssohn-Saal hatten. Mit personalisierten Tickets gelangen sie durch verschiedene Eingänge (ebenfalls auf den Tickets gedruckt) in die Tonhalle – manche sogar über die Terrassen-Türen – und halten so Abstand zu den übrigen Gästen. Man muss sich an die neue ‚Normalität‘ gewöhnen, sagen manche in der Pause. Das dauert seine Zeit. Aber egal: Besser Konzerte mit Maske als keine Konzerte.

Das Sicherheitskonzept funktioniert insgesamt reibungslos, ohne Murren: Das bewies das erste Abokonzert (‚Sternzeichen‘) der Saison. 956 Karten waren verkauft worden, und damit weniger als die vom Gesundheitsamt zugelassenen 1248. Darunter sind zahlreiche Premium-Karten, die erstmals angeboten wurden. Für einen Aufpreis gelangt man durch einen seitlichen VIP-Eingang in das Grüne Gewölbe, hat eine Extra-Garderobe und erhält einen Sekt zur Begrüßung. Neu auch die Möglichkeit für jeden, einen Tetra Pak Wasser für zwei Euro an einem Stand zu kaufen und diesen sogar in den Saal mitzunehmen. Corona-Ausnahme-Regelungen machen’s möglich.

Düsen unterm Sitz

Zur neuen Normalität gehören ferner: die ersten vier Reihen vor dem Podium sind frei, ebenso jede zweite Reihe im Rang. Und in den sonst dicht besetzten Parkett-Reihen immer wieder leere Plätze zwischen einzelnen Gruppen. Durch Sonder-Belüftungs-Düsen – unter jedem Sitz montiert – gelangt permanente Frischluft in den Saal.

Und das Konzert? Wie gesagt: In der Beethoven-Ouvertüre und Mozarts „Linzer Symphonie“ beweisen die in langer Corona- und Sommer-Pause ausgeruhten Symphoniker unter Gastdirigent David Reiland Klangkultur vom Allerfeinsten. Mit präzisen Einsätzen, leichtfüßig und leuchtenden Farben beleuchten sie die symphonische „Fidelio“-Ouvertüre und später dann Mozarts C-Dur Symphonie, die das Salzberger Musikgenie einst in vier Tagen ‚runterkomponierte‘. In den schnellen Passagen saust das Orchester durch die Partitur, so geschwind, dass man fast eine stürmische Brise wahrnimmt.

Schwere, ernste und tiefgründige Kost dagegen bietet Stargeiger Frank Peter Zimmermann mit Alban Bergs Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“. Berg, der mit diesem Spätwerk auf den Tod der jungen Tochter seines Freundes Walter Gropius reagierte, lässt in einigen Teilen die Geige mit dem Orchester verschmelzen, dann zeichnet er in feinen lyrischen Linien den Charakter des Mädchens nach. Zimmermann macht selbst in virtuosen Passagen kein Bravour-Stück daraus, drängt sich nicht in den Vordergrund, sondern dient als Sprachrohr eines tief deprimierten Tondichters, der die Uraufführung nicht mehr erleben sollte. Herzlichen Applaus dankte Zimmermann mit einer Bach-Zugabe.

Heute: 20 Uhr Tonhalle. Zutritt nur mit personalisierten, online bestellten Tickets.