Essen. Die Jack-Reacher-Reihe lebt, sie wird sogar wieder stärker: Autor Lee Child präsentiert „Der Bluthund“ – um Klassen als der direkte Vorgänger.
Es ist nur ein Ring, wenn auch einer aus der Elite-Militär-Akademie „West Point“. Er sieht ihn zufällig in der Auslage eines Pfandleihers, irgendwo im nirgendwo. Er weiß nicht, wem er gehört, aber er will ihn zurückgeben. Obwohl er ahnt, dass das schwierig wird. Aber das ist ihm egal. Denn er ist Jack Reacher.
So fängt er an, „Der Bluthund“, das 22. Buch, das Lee Child über den ehemaligen Militärpolizisten geschrieben hat. Ein Baum von einem Kerl, schäbig gekleidet, ohne Wohnsitz und nur mit Kreditkarte und Zahnbürste in der Hosentasche. Meist unterwegs in den Weiten der USA, immer dort, wo das Böse zu Hause ist, wehrlose Menschen Hilfe brauchen. Ein Mann, wie sie ihn wohl lieben in dem konservativen, rechten Kosmos, in dem viele Trump-Fans leben.
Aber Child biedert sich nicht an bei ihnen. Den US-Präsidenten hat der ehemalige TV-Produzent in Interviews als „jämmerliche Gestalt“ tituliert. Und auch Reacher würde ihn nicht mögen. Weil er Lügen hasst, weil er sich nicht kaufen lässt, vor allem aber, wie Child sagt, weil Trump sich angeblich vor dem Dienst im Vietnam-Krieg gedrückt hat. Der Autor kann so etwas sagen, er muss längst kein Blatt mehr vor den Mund nehmen.
Weit weg von den Klassikern
100 Millionen Exemplare hat der bei der Arbeit angeblich Kette rauchende und nach Kaffee süchtige Brite davon verkauft. Und wenn ein neuer Band erscheint, werden es angeblich vier mehr in jeder Minute. Dabei schreibt Lee in einem Stil, der so reduziert und lakonisch ist, wie die Titelfigur. Das hat sich auch im jüngsten Werk kaum geändert, in dem es um den illegalen Vertrieb von Opiaten und die physischen und psychischen Probleme Kriegsversehrter geht. Aber trotzdem ist einiges anders. Ja gut, gleich zu Anfang verdrischt Reacher eine vielköpfige Rockerbande, danach aber wird es realistisch. Reacher ist nicht mehr der Überheld vergangener Tage und selbst das Finale ist nicht – wie früher so oft – jenseits jeder Wahrscheinlichkeit.
„Der Bluthund“ ist weit weg von Child-Klassikern wie „Sniper“ oder „Trouble“, aber um Klassen besser als der direkte Vorgänger „Der Ermittler“. Die Jack-Reacher-Reihe lebt, sie wird sogar wieder stärker. Und anders als noch vor einiger Zeit geplant, will Child seinen Helden auch nicht mehr sterben lassen.
Band 25 soll als Gemeinschaftswerk entstehen
In den USA, wo man stets schon zwei Bände weiter ist, will der 65-Jährige den 25. Band zusammen mit seinem jüngeren Bruder Andrew – ebenfalls Schriftsteller – gemeinsam verfassen. Später dann soll der Bruder allein weiter machen. Ob das funktioniert? „Unklar“, würde Reacher wohl antworten. Und dann sagen, was er gerne sagt wenn er mal was sagt. „Das Beste hoffen und aufs Schlimmste gefasst sein.“
Lee Child, Der Bluthund, Blanvalet Verlag, 448 Seiten, 22 Euro.