Köln. Nena sagt beim Konzert in der Kölner Arena vor 700 Fans: „Wir sind ganz brav“ – aber sie ist das glatte Gegenteil davon. Nicht nur musikalisch...
Auch mit 60 kann man dazulernen. Nach einem Auftritt am 11. Juli am Flughafen Stuttgart war Nena heftig unter Beschuss geraten. Nicht nur, weil sie Moderatorin Nadja Gontermann bei deren Dankesrede abrupt unterbrochen hatte (wofür sie sich später entschuldigte). Sondern auch, weil sie die Abstandsregeln, ohne deren Einhaltung Konzerte nicht möglich sind, nonchalant missachtete. Sie verließ die Bühne, suchte die Nähe ihrer Fans. Am Dienstagabend in der Kölner Arena ließ sie das bleiben. Trotzdem konnte man sich während der gut 90 Minuten des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ihre eigene Meinung zu Corona-Schutzmaßnahmen hat. Etwa wenn sie fragt: „Wollt ihr hier nicht auch’n bisschen rumlaufen?“, um dem dann ein „Ach, nee“ anzufügen, weil das ja nicht sein darf. Oder wenn sie sagt: „Und wir sind ganz brav. Wir tragen alle unsere Masken.“ Was, bezogen auf den Ort, so nicht ganz stimmt. Auf den Plätzen, aber nur da, ist das Ablegen des Mund- und Nasenschutzes erlaubt.
Für die im Publikum, denen das immer noch nicht locker genug ist, hat Nena eine Lösung parat: „In diesen Zeiten, wo wir uns nicht berühren dürfen, weil irgendwelche Leute das gesagt haben, können wir uns zumindest geistig so miteinander verbinden, dass wir uns spüren.“
Stücke wie „Noch einmal“, Solo-Hits und die neue Single „Licht“
Am Sound, an der Band und der Lightshow gibt’s nichts zu mäkeln, auch die Setliste entspricht mit ihrem Mix aus Nena-Band- und Nena-Solo-Hits den Erwartungen. Mitunter greift die Frontfrau mit der kirschroten Jacke zur Gitarre, Stücke wie „Noch einmal“ kommen mit mehr Tempo, schrebbelnder, punkiger, daher. Zwei Backgroundstimmen unterstützen Nena, die, tänzelnd, hüpfend und kreiselnd, ständig in Bewegung ist. In „Licht“, als Single zum 60. Geburtstag im März veröffentlicht, heißt es „Wir kommen aus der Liebe, wir kommen aus dem Nichts. Und wer will uns besiegen. Wir schicken Licht, Licht, Licht.“
Ihren Fans, am Dienstag 700, für Mittwoch angekündigt 900, bringt Nena zumindest viel Freude. Aber sie bringt sie auch in Bedrängnis. Was tun? Wenn das Idol fordert „Singen!“, wenn es ruft „Ich will euch hör’n“ oder „Köln kann auch so richtig schrei’n!“. Obwohl das den Verhaltensregeln der Veranstalter widerspricht („Auf lautstarkes Mitsingen, Skandieren oder Gröhlen ist zu verzichten“). Und was ist mit dem Riesen-Luftballon, der stellvertretend für berühmte 99 ins Publikum fliegt? Soll man sich die Hände desinfizieren, bevor man ihn zurückpritscht?
Nicht, dass die anderen sagen, Wincent Weiss hätte es „verkackt“
Es gibt wieder Konzerte. Das ist gut so. Aber man sollte sich an das halten, was Wincent Weiss beim Wiedereröffnungsabend der Arena am 20. Juni gesagt hat: „Wir dürfen uns das nicht versauen. Dass die anderen Künstler hinterher sagen, der Wincent hat´s verkackt.“ Die Nena war kurz davor.