Essen. „Edison – Ein Leben voller Licht“ mit Benedict Cumberbatch ist eine Art Reader’s-Digest-Film für US-Schüler über die Vermarktung von Erfindungen.

Mitten in der Nacht kommt ein Dampfzug auf freier Strecke zum Stehen. Gut gekleidete Herren stapfen hinaus auf einen Acker, und plötzlich scheinen Dutzende Glühbirnen auf. Thomas Alva Edison steht inmitten der Lichtinstallation und fragt schelmisch. „Haben Sie Ihre Scheckbücher dabei?“ Ein kluger Einstieg ist das, weil er zeigt, dass Erfinder eben nicht nur Findigkeit und technische Finesse auf sich vereinigen müssen, sie brauchen auch Investoren, die das finanzieren.

Benedict Cumberbatch, als Sherlock Holmes aus dem modernen London zu Weltruhm gekommen, ist eine einnehmende Besetzung für den Erfinder Edison, für den es im Licht des Films „Edison – Ein Leben voller Licht“ das höchstes Prinzip war, dass durch seine Erfindungen niemand verletzt wird oder gar zu Tode kommt. Damit kommt ein Konflikt ins Rollen.

Das Wettrennen mit George Westinghouse

Edison arbeitet auf der Grundlage von Gleichstrom an der Elektrifizierung der Städte. Sein Konkurrent ist der Ingenieur George Westinghouse, der durch pressluftbetriebene Bremsen zu Reichtum kam. Er allerdings nutzt Wechselstrom, was eine höhere Leistung und eine preiswertere Produktion ermöglicht, aber eben auch das Risiko birgt, dass Menschen am stromführenden Kabel sterben könnten. Nikola Tesla, Erfinder aus Europa, schlägt sich auf die Seite von Westinghouse.

Inspiriert von wahren Begebenheiten, mit diesem Hinweis beginnt der Film – und zieht damit bis zur letzten Minute die Frage nach, wieso es angesichts der historischen Fakten überhaupt einer Inspiration zur Umdeutung bedarf. Spannend genug ist der Verlauf des Stromkriegs (1888–1895) in der Industriegeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika allemal.

Michael Shannon und Nicholas Hoult

Geschickt, wenngleich wenig inspiriert ist die Besetzung der Hauptrollen. Cumberbatch ist als Edison die Lichtgestalt, Michael Shannon als Westinghouse der kapitalorientierte Unternehmer. Und Nicholas Hoult als Tesla sieht zwar genau wie das historische Vorbild aus, reduziert seine Rolle aber auf das Abziehbild des extravaganten Sonderlings. Wirklich interessant ist Ka­therine Waterston als Ehefrau von Westinghouse, die ihren Mann mit skrupellosem Karrierewillen nach vorn treibt; psychologische Vertiefung ist ihr dafür nicht vergönnt. Wie es überhaupt in diesem Film stets ausreichen muss, dass die Taten genug über ihre Figuren sagen. Der menschliche Faktor spielt in diesem Reader’s-Digest-Panorama nur eine kleine Rolle. Wichtiger ist das Streben nach der Marktfähigkeit von Erfindungen in einem Reigen der schicken Bilder.

Regisseur Alfonso Gomez-Rejon („Glee“) serviert jede Menge digitales Zuckerbäckerwerk und eine opulente Statisterie in den Garderoben des ausgehenden 19. Jahrhunderts, aber die Schauwerte bleiben in schöner Oberflächenpolitur gefangen. Für die Menschen und die Zeit findet der Film keinen wirklichen Zugriff. Für einen ausgewiesenen Director’s Cut (der Film entstand bereits 2017) ist das künstlerisch zu wenig. Und historisch sogar bedenklich, wenn im Nachspann Thomas Alva Edison auch für Film und Kino als Alleinerfinder ausgewiesen wird.