Köln. Wincent Weiss und Fans trotzen Corona: So sehen Arena-Konzerte in Zeiten der Pandemie aus – Vierer-Gruppen in Plastikboxen und weniger Gedrängel.

An ihrem 16. Geburtstag hat Carla doppelt Pech. Die Schmuserunde mit Wincent fällt aus. Und statt des Gratulationsständchens, das ihr zu Ehren sonst Tausende angestimmt hätten, sind es unter 900. Und sie dürfen „Happy Birthday“ auch nicht singen, sondern nur summen. Samstagabend beim ersten Konzert nach dem Lockdown in der Kölner Arena ist alles anders.

Den Auftakt des neuen Eventkonzepts „Arena now!“ bestreitet der Sänger Wincent Weiss (27) mit Band. Gleich viermal hintereinander, Samstag, Sonntag, Montag und Dienstag füllt er die Halle. So, wie sie, in Zeiten von Corona, gefüllt sein darf. Heißt: im Innenraum sitzen 224 Besucher in 56 „Cubes“ (Würfeln), nach vorn und nach oben offenen Plexiglas-Boxen, die jeweils vier Personen einen eigenen Bereich bieten. Auch auf dem Unterrang gibt es Vierer-Blöcke mit jeweils 1,5 Meter Abstand dazwischen. Das reicht für 672 weitere Fans des Popsängers und Songschreibers.

Comedy-Podcaster Niklas & David erklären die Regeln

Gefühlt 98,8 % weibliche Fans bei Wincent Weiss.
Gefühlt 98,8 % weibliche Fans bei Wincent Weiss. © dpa | Thomas Banneyer

Umfangreiche Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen, das Einhalten von Abstandsregeln und Maskenpflicht jenseits der Sitzplätze, eine Einteilung in Zonen, die verhindert, dass alle gleichzeitig die Arena betreten oder verlassen sowie personalisierte Online-Tickets komplettieren das Corona-Care­paket der Veranstalter. Für diejenigen, die vorab das Kleingedruckte nicht gelesen haben, erläutern die Comedy-Podcaster Niklas & David noch einmal den korrekten Verhaltenskodex. Witzig, versteht sich.

Von oben betrachtet wirkt der Innenraum mit den kreisförmig und weiträumig um die Centerbühne angeordneten „Cubes“ wie eine Lounge. Was dann später auch Weiss auffallen wird: „Es ist ein bisschen intimer, was ich geil finde. Es hat ein bisschen Clubcharakter, was geil ist.“

Kayef alias Kai Fichtner aus Düsseldorf macht den Eisbrecher

Die Oberränge sind abgedeckt, der Leinwand-Würfel ist abgesenkt, Technik- und Sound wurden den veränderten Gegebenheiten angepasst. So stimmen die Proportionen in jedweder Hinsicht. Keiner hat das Gefühl, dass hier zu wenige in einem viel zu großen Raum untergebracht sind. Angesichts der rappelvollen Straßencafés und der dicht belagerten Rheinufer auf dem Weg zur Arena mag man zwar darüber grübeln, warum in einer Stadt mit zweierlei Maß gemessen wird – andererseits wird durch den umfangreichen pandemischen Arena-Knigge aber das angenehme Gefühl von Sicherheit vermittelt.

Gut aufgewärmt durch den Düsseldorfer Rapper und Pop-Sänger Kayef alias Kai Fichtner können sich die geschätzt 98,8 Prozent weiblichen Fans dann ab 20.45 Uhr ganz Weiss hingeben. Auch in „Cubes“ kann man tanzen und jubeln. Oder bei „So gut“ flächendeckend Blätter hochhalten: „Du tust uns so gut“. Das Banner mit der Aufschrift „Du und ich auf ein Bier“ wirkt dagegen geradezu profan.

Soll bloß keiner sagen „Der Wincent Weiss hat’s verkackt!“

Geht auch: Schilder statt Kreischen.
Geht auch: Schilder statt Kreischen. © dpa | Thomas Banneyer

Die Mädels in den Würfeln und die auf den Rängen haben sich mit allem was glitzert und blinkt ausstaffiert: Haarbändern, Lichterketten, Ballons in Herzform, Wincent-Schriftzügen. Der Adressat dieser Liebesbezeugungen lässt indes Vorsicht walten. „Ich darf euch nicht aktiv zum Singen auffordern“, ermahnt er. Und zähmt mühsam sein Verlangen: „Ich würde nichts lieber tun, als über diese Barriere zu springen und einmal durch die Menge zu laufen!“ Weil er weiß: „Wir dürfen uns das nicht versauen und dass die anderen Künstler hinterher sagen, der Wincent hat’s verkackt – deshalb werde ich mich, einmal in meinem Leben, an eine Regel halten!“ Selbstbeherrschung, die sich auszahlt. Für ihn, die Band, das Publikum: „Unfassbar, dass das noch möglich war. Wir hatten schon mit dem Jahr abgeschlossen, ab jetzt macht das wieder Sinn!“

Nena kommt auch noch, Beatrice Egli, Kasalla, Völkerball und Profiler Suzanne

75 Minuten ist – bis aufs Stagediving – im Kleinen alles drin, was im Großen dazugehört: Hits wie „Feuerwerk“, eine tolle Lightshow, Nebelfontänen und Konfettiregen. Nur die Luft ist besser, man sieht mehr, und die Rangeleien um die besten Plätze im Innenraum fallen ebenso weg wie das Gedränge auf den Treppen. Konzerte in Zeiten von Corona können auch angenehm sein.

Bis zum 9. August sollen sieben weitere Künstler und Bands in der Kölner Arena im Rahmen des neuen Eventkonzepts Konzerte geben: 27. Juni: Don Diabolo, 12. Juli: Kasalla, 23. Juli: Beatrice Egli, 28./29. Juli: Nena, 2. August: Mo-Torres, 6. August: Völkerball, 9. August: Profiler Suzanne