Bedburg-Hau. Eine neue Ausstellung im Museum Schloss Moyland zeigt im Jahr vor Joseph Beuys' 100. Geburtstag Zeugnisse seiner lebenslangen Italienliebe.

Nein, Beuys war nicht nur Niederrheiner und von tartarischen Musen wachgeküsster Künstler. "Man darf nicht vergessen, dass Beuys unter italienischer Sonne beschloss, Künstler zu werden", sagt Kurator Alexander Gröhnert. Das Land, wo die Zitronen blühen, war eine Lebensliebe des Kranenburger Künstlers, einer Liebe, die nun das Museum Schloss Moyland einen Sommer lang nachspürt, bevor sich 2021 der 100. Geburtstag von Joseph Beuys jährt. Und der niederrheinische Stolz muss damit leben, dass der Ausstellungstitel "...hier ist meine Heimat" sich eben auf Italien bezieht.

Es ist eine kleine Lebensreise, die sich da im ersten Obergeschoss mit knapp 100 Exponaten in drei Räumen zeigt. Gewiss, der schwärmende Kurator wünschte sich fünf Millionen und 20 Räume mehr, so groß ist seine Liebe zur Italienliebe des Künstlers, aber auch mit den wenigen Werken und vielen Plakaten, Fotografien und Zeichnungen aus dem Beuys-Archiv lässt sich die Italienliebe von Beuys gut nachvollziehen - wegen der Empfindlichkeit der Exponate allerdings nicht im strahlenden Licht des Südens, sondern eher in der Leuchtstärke des niederrheinischen Novembers.

Als Soldat kam Joseph Beuys 1943 nach Apulien

Die drei Räume stehen gewissermaßen für drei Akzente der Italien-Leidenschaft. Beuys kam nach abgebrochener Schule 1943 immer mal wieder als Luftwaffensoldat nach Foggia in Apulien, sollte dort an Waffentests teilnehmen, wurde aber künstlerisch gefangen genommen von den Strukturen der Berge aus dem Cockpit, insbesondere das Massiv des Monte Gargano, der auch lange nach dem Krieg immer wieder künstlerisch verarbeitet wurde, ebenso wie viele andere Eindrücke aus dem Sehnsuchtsland so vieler deutscher Künstler.

Auch eine der bekanntesten Fotografien von Joseph Beuys ist in Italien entstanden: La rivoluzione siamo Noi - die Revolution sind wir! Mit seinen Insignien, Hut und Anglerweste, scheint Beuys entschlossen auf den Betrachter zuzumarschieren - das tausendfach verbreitete Bild entstand im Herbst 1971 auf Capri vor dem Haus eines Galeristen. Das ist noch eines der plakativeren, großformatigeren Beispiele der Schau, die sich sonst sehr auf archivalische kleinere Exponate stützt.

Auch sein Engagement für den Naturschutz wurzelt in Italien

Zur Zeit des berühmten Fotos war Beuys als Künstler mit Ausstellungen, beginnend in Neapel, aber dann auch in Rom und vielen anderen Städten nach Italien zurückgekehrt. Und der Heimatbezug zu Italien führt bei Beuys auch zu einer Hinwendung, ja beinahe Verklärung des ländlichen Lebens - der Schutz des Landlebens, der bukolischen Pflanzen- und Tierwelt führt bis zur Pflanzung eines Paradiesgartens in der Lombardei - auch das Engagement für die Umwelt wurzelt bei Beuys zumindest in Teilen in Italien. Difesa della Natura - der Schutz der Natur - war ein Projekt in der Region Marken, in dem Beuys seine Kunst mit ökologischen und sozialen Projekten verband.

Auch die Konzeption seiner großen Arbeit "Arena", die in einer Tiefgarage in Rom entstand, inspiriert von der Arena in Verona, lässt sich nachvollziehen - gezeigt werden kann das Riesenwerk - eine Art künstlerische Lebensbilanz von Beuys - indes nicht. Als eine der wenigen Installationen ist die "Capri-Batterie" von 1985 Teil der Ausstellung: eine zitronengelbe Glühbirne in der Steckerfassung, die ihre Energie wiederum aus einer Zitrone zu beziehen scheint. So wie Beuys offenkundig sein Leben lang künstlerische Energie aus seiner Italienerfahrung zog.

Das Manko der Ausstellung indes ist dieses: Sie besteht zu wesentlichen Teilen aus Archivalien des Hauses, die aus konservatorischen Gründen nur bei sehr gedämpftem Licht gezeigt werden dürfen - italienische Sonne gibt es nur in einem vierten Raum, wenn sie denn auch am Niederrhein strahlt: Da wird mit Schulwandkarte und weiteren Details gezeigt, wohin Beuys italienische Reisen den Künstler führten.

Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 13. September. Unter Corona-Bedingungen kann das Museum Schloss Moyland, (di-fr 11-18 Uhr, sa-so 10-18 Uhr) etwa 150 Besucher gleichzeitig begrüßen, davon dürfen zehn bis 15 gleichzeitig in die Italien-Ausstellung. Eine Eröffnung wird es daher nicht geben, die Ausstellungsmacher jedoch setzen darauf, zum Abschluss zu einem Vortrag von Petra Richter laden zu können, Autorin des Buches "Ein Erdbeben in den Köpfen der Menschen", in dem sie die Italienbezüge von Beuys untersucht hat.