Bochum. Die Reunion-Show von Tresenlesen auf Youtube wurde ganz ohne Live-Publikum zum grandiosen Comeback von Frank Goosen und Jochen Malmsheimer.

Dem großen Harry Rowohlt haben sie einst den Whisky gereicht, aber das haben ja damals einige getan. Wesentlicher war, dass sie ihm irgendwann sogar das Wasser reichen konnten, was nun wirklich nicht viele von sich behaupten dürfen. Das literarische Duett namens Tresenlesen führte in einer Reunion-Show auf Youtube die rowohlt’sche Tradition des „Schausaufens mit Betonung“ fort – nur mit Guinness. Es es war fast, als wären Frank Goosen und Jochen Malmsheimer nie auseinander gewesen, nur eben 20 Jahre später.

20 Jahre und geschätzte drei Meter Speiabstand aufgrund einer namentlich nicht genannt werden wollenden Infektionsgefahr lagen zwischen den beiden, aber es wäre wohl nur einer dieser beiden widrigen Umstände vonnöten gewesen, um ihnen die ungezügelte Intonationsfreude zurückzugeben, inklusive eines schamlosen Einnässen der Augengegend auf Seiten Malmsheimers. Sprich: Beide hatten Spass inne Backen. Dass ein allgemeines Dahinsiechen des Soziallebens und der künstlerischen Darbietungen im Lande sie dazu getrieben hat, ihr Wiedersehen im Programm „Rückkehr nach Sloegenkoegen“ schon etwas früher als ursprünglich geplant zu zelebrieren, kann man als Glücksumstand rechnen. Genau wie die Tatsache, dass die Reihe „Größen ausse Gegend“ gerade die Spaßtreibenden aus dem Revier ins Bochumer Zeitmaul-Theater und vor die dortigen Netz-Kameras holt.

Tresenlesen begeistern mit ihrer verspielten und wortverliebten Vortragsweise

Goosen und Malmsheimer schauen nun mit vier lachenden Augen zurück auf die Zeit zwischen 1992 und 2000, in der sie als Tresenlesen durch Kneipen und über Kleinkunstbühnen tingelten. Sie erzählen von damals, als sie – inspiriert von den wahnsinnig lustigen Geschichten eines Flann O’Brien – erstmals selbst auf die Bühne gingen. Damals, wir erinnern uns, gab es sowas wie eine aktive Kneipenleseszene so gut wie gar nicht, geschweige denn Poetry Slams. Zu deren Siegeszug hierzulande haben Tresenlesen mit ihrer unnachahmlichen, verspielten und wortverliebten Vortragsweise nicht unerheblich beigetragen.

Die Show selbst? Enthält ein paar der besten Leselive-Oldies, die man sich wünschen kann: Die Bundesliga-Konferenzschaltung, „Die Bahn kommt!“, den Grandprix D’Eurovision, „King The Fuckers“ und nicht zuletzt das Erdmännchen – und man erfährt ganz nebenbei einiges über die erfolglosesten Auftritte der beiden, die manchmal anschließend im Bochumer Jago am Schauspielhaus in irischem Bier ertränkt werden mussten.

„Irgendwann war die Wiese gemäht, da mussten wir selber Texte schreiben“, plaudert Jochen Malmsheimer aus. Was dann auch dazu führte, dass beide ihrer eigenen Wege gingen. Was uns eine ganze Reihe wunderbarer Romane und anderer Bücher, ein paar mehr Solo-Kabarettprogramme eingebracht hat. Und dennoch traurig stimmt. Denn Goosen und Malmsheimer sind schon jeder für sich selbst gut – aber als Duo vielleicht doch sogar ein bisschen mehr als die Summe ihrer zwei Teile. Was darauf hoffen lässt, dass die beiden eins und eins zusammenzählen – und zumindest gelegentlich ihrer Wiedervereinigung eine Wiederholung angedeihen lassen.