Aachen. Die Heilige Corona war ein 16-jähriges Mädchen, das vor 1843 Jahren den Märtyrertod starb. Ihre Gebeine ruhen seit Jahrhunderten in Aachen.
Dass der Name „Corona“ Angst und Schrecken verbreitet wie einst die Pest oder die Hunnen, dafür kann ausgerechnet sie überhaupt nichts: die Heilige Corona, das 16-jährige Mädchen aus Ägypten oder Syrien, das sein Mitleid mit einem grausamen und frühen Tod bezahlen musste. Das ist lange her. 1843 Jahre liegt der Märtyrertod Coronas zurück. Im Jahr 177, während der wüsten Christenverfolgungen, spendete sie dem gemarterten, später heiliggesprochenen Victor von Siena Trost – dafür wurde sie an zwei herabgebogene Palmen gebunden, die sie beim Emporschnellen zerrissen. Dass sie dafür zur Patronin der Holzfäller erkoren wurde, gehört zu den mitunter skurrilen Blüten der christlichen Patronatsvergaben.
Patronin der Holzfäller Fleischer und Schatzgräber – und Schutzheilige gegen Epidemien
Und damit hat ausgerechnet die heilige Corona ein stattliches Pensum zu leisten: unter anderem als Patronin der Fleischer und Schatzgräber, des Geldes, in einigen Orten, je nach Bedarf, sogar der Geldfälscher, in neueren Zeiten auch: der Anleger. In süddeutschen, österreichischen und böhmischen Regionen gilt sie zudem ausgerechnet als Schutzheilige gegen Epidemien und Seuchen, vornehmlich gegen Viehseuchen. Das wird zwar nur im nicht unumstrittenen „Ökumenischen Heiligenlexikon“ erwähnt, ändert aber nichts daran, dass in den südlichen Regionen bis heute Wall- und Bittfahrten zu Ehren der Corona veranstaltet werden.
Angesichts der ausgeprägten Verehrung in bayrisch-österreichischen Regionen überrascht es allerdings, dass die Gebeine der Heiligen im weit entfernten Aachen ihre Ruhe gefunden haben. Im Jahr 997 brachte der fromme und junge Kaiser Otto III., ein großer Verehrer Karls des Großen, die in den römischen Katakomben aufgefundenen Überbleibsel zusammen mit denen des Heiligen Leopardus in einfachen Bleisärgen nach Aachen, gedacht für ein geplantes Kloster. In der Pfalzkirche, dem Vorläufer des Doms, ruhten dann die Särge ohne große Beachtung unter einer Grabplatte, bis sie 1843 bei einer Grabung entdeckt wurden.
1910 entnahm man die Reliquien den einfachen Särgen und bettete sie in einen kostbaren Schrein, den Corona-Leopardus-Schrein um. Dieser Schrein gehört zu den kunstvollsten und filigransten Reliquiaren nicht nur des Rheinlands. Nach dem Vorbild romanischer Kuppelreliquiare, die in Köln beliebt waren, fertigte der Aachener Goldschmied Bernhard Witte mit 45 Mitarbeitern ein aufwendiges Gefäß in den Formen einer Kreuzkuppelkirche an: der 95 Zentimeter lange und 98 Kilo schwere Schrein beherbergt, in Seidentücher gewickelt, die sechs Kilogramm wiegenden Überreste der Heiligen.
Der prächtige Corona-Leopardus-Schrein wurde 1912 beim Katholikentag präsentiert
1912 sorgte die Präsentation des reich vergoldeten und emaillierten, mit 375 Edel- und Halbedelsteinen versehenen Kunstwerks für einen Höhepunkt des 59. Deutschen Katholikentags. Dennoch verschwand der Schrein im Depot der Domschatzkammer. Erst für eine im Frühjahr geplante, jetzt verschobene Ausstellung zur „Aachener Goldschmiedekunst des Historismus“ wurde er der Vergessenheit entrissen. Seit Beginn des Jahres arbeiten die Restauratoren der Dombauhütte daran, der Kostbarkeit den einstigen Glanz zurückzugeben. Auch wenn die Eröffnung der Ausstellung noch auf sich warten lässt, hat es die hilfreiche und „vielbeschäftigte“ Patronin verdient, sich ihrer an ihrem Gedenktag, dem 14. Mai, zu erinnern.