Extrabreit-Schlagzeuger Rolf Möller liebt besonders die Mondscheinsonate von Beethoven und zollt ihm höchsten Respekt: „Er war der erste Rocker.“
Der alte Ludwig war der erste Rocker. Der war ein Mucker, der wie besessen komponiert hat, der war ein Genie, der konnte, frei nach Paul McCartney, eben ein paar Akkorde mehr. Beethoven hatte trotz Taubheit jedes Instrument im Kopf, das kann heute keiner mehr, heute schieben die Komponisten sich alles am Computer zurecht.
Als Rhythmiker sauge ich Beethovens Musik regelrecht auf. Diese Entschleunigung in den Klavierkonzerten oder im Adagio der Mondscheinsonate! Wie schafft er es, da immer noch langsamer zu werden? Ich zähle mit, und dann komme ich wegen des Stolperpulses richtig raus, eins, und eins, ich lerne dadurch.
Emotionaler Plattensammler
Zur Person
Schlagzeuger Rolf Möller (63) spielte 10 Jahre bei der Hagener Kultband Grobschnitt und gibt seit 1980 bei Extrabreit den Takt an. Außerdem ist er seit 1984 der Rhythmusgeber der Allstar-Band Green, in der die Musiker der Hagener Erfolgsbands ihre Herzensprojekte verwirklichen. Möller lebt in Hagen.
Wenn ich das Credo der Missa Solemnis auf Platte höre, drehe ich die Lautstärke auf, das ganze Orchester kriegt da Schub, wow! Das ist emotional gar nicht zu toppen. Oder das Presto agitato aus der Mondscheinsonate. Das würde ich gerne mal mit den heutigen Instrumenten einer Band spielen, da könnte man loslegen, 180er Beat, 190er Beat, 192, 194.
Beethovens Musik begleitet mich seit meiner Kindheit, ich habe eine richtige Sammlung von Platten mit seinen Werken. Mein Papa hat Geige gespielt, meine Schwester spielt Klavier. Ich bin gelernter Kaufmann, bei meinen Bands Green und Extrabreit mache ich die Buchführung, ich halte den Möckel zusammen.
Muss mich zusammenreißen, um nicht zu heulen
Mein Papa hatte in Hagen eine kleine Firma, die sollte ich übernehmen. Er war nicht glücklich, als ich kam und sagte, dass ich Rockschlagzeuger werde. Aber man muss einfach machen, was in einem ist, das hat Beethoven ja auch getan. Heute ist meine Tochter die Geigerin, wenn sie mit ihrem Hochschulorchester spielt, muss ich mich zusammenreißen, um nicht zu heulen.
Unsere Kinder waren von vorne herein bei unseren Konzerten dabei, das war unser tägliches Brot, und heute stehen wir gemeinsam mit unseren Kindern auf der Bühne, zum Beispiel bei dem Allstar-Projekt Symphonic Floyd, das für den 15. Mai in der großen Westfalenhalle in Dortmund geplant ist. Dieses Konzert ist eine Familiensache für uns.
Genie und Besessenheit
Beethoven hört nicht auf, mich zu faszinieren. Die 5. Sinfonie, die 9. Sinfonie, die Klavierkonzerte, das Violinkonzert und immer wieder die Mondscheinsonate. Ein Knaller nach dem anderen! Wie schafft man das? Ich zolle Jungs wie Mozart und Beethoven höchsten Respekt. Die Werke sind ja nicht einfach so runterkomponiert, darin steckt eine Riesenpräzision, da stimmt jede Note. Genie und Besessenheit oder sogar Wahn liegen ganz nah beieinander. Es war bestimmt nicht leicht, mit einem Menschen wie Beethoven zusammenzuleben, schweres Gelände. Als Künstler bist Du einsam und alleine, wenn Du solche Werke im Kopf hast, das ist die Angst des Torwarts vorm Elfmeter. Der Drive in Beethovens Musik kommt vielleicht aus dieser Reibung zwischen dem, was ihm im Kopf herumgeht und seiner Einsamkeit. Besessenheit erzeugt auch Energie.
Ich höre seine Musik im Auto und klopfe dabei laut singend den Rhythmus mit, und an der Ampel denken die Leute: Der Möller hat sie nicht alle. Beethoven ist ein unendliches Rätsel für mich. Wer gibt ihm die Fügung, dass er sagt: Das ist es, jetzt ist die Komposition fertig, keine Note mehr? Ich könnte seine Werke so begleiten, gerade die schnellen Sachen. Ich würde mich auf den Boden werfen, wenn ich den kennengelernt hätte. Hut ab!-