Im November beschloss der Finanzausschuss des Bundestages ein Deutsches Foto-Zentrum für Düsseldorf. Das war vorschnell. Essen hat alle Argumente.
Nicht zum ersten Mal hat sich der Finanzausschuss des Bundestages im November vergangenen Jahres verselbständigt und rund 41 Millionen Euro für ein deutsches Foto-Zentrum in Düsseldorf genehmigt – ohne die Expertise der vierköpfigen Fachkommission abzuwarten, die Kultur-Staatsministerin Monika Grütters im erst Sommer mit der grundlegenden Konzeption für ein solches Zentrum beauftragt hatte.
Dem Finanzausschuss lag ein Entwurf vor, den der Düsseldorfer Star-Fotograf Andreas Gursky gemeinsam mit anderen erarbeitet hat; der Name Gursky und Düsseldorf als Stadt der weltberühmten Becher-Schule, das wird gezogen haben. Doch das Konzept erhielt jetzt von den Fachleuten eine vernichtende Bewertung, weil es bei dem Düsseldorfer Foto-Zentrum nur um die Interessen der aktuell lebenden Kunst-Fotografen ging, von der Herstellung bestmöglicher Abzüge nach hohen Standards bis zur Entwicklung von Zertifikaten; dass ein solches Foto-Zentrum damit auch die wirtschaftlichen Interessen der nicht selten hochbezahlten Fotografen verfolgt hätte, brach dem Düsseldorfer Konzept das Genick.
Die Foto-Tradition und -Expertise in Essen ist stark
Ohnehin sind die zu bewältigenden Aufgaben eines Bundesinstituts für Fotografie viel umfassender. Das reicht von der technischen Konservierung historischer Negative, Fotoplatten und Abzüge bis hin zur wissenschaftlichen Durchdringung der Fotografie und ihrer Geschichte. Und dafür sind die Voraussetzungen in Essen nun einmal unstrittig besser: Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Fotografie hat an der Folkwang-Hochschule eine fast hundert Jahre zurückreichende Tradition, die Kunstfotografie wird am Museum Folkwang seit Mitte der 70er-Jahre gepflegt – und die Sammlungen des Ruhrmuseums und des Krupp-Archivs umfassen mit mehreren Millionen Motiven aus Werbe-, Werks- und Dokumentarfotografie eben weit mehr als nur die künstlerische Facette dieses Mediums. Dass in Essen mit dem Zollverein-Areal auch die in Düsseldorf noch ungelöste Platzfrage geklärt wäre, ist da höchstens ein Randaspekt.
Die Frage ist nur, wie die Landesregierung, die sich in guter Absicht, aber vielleicht doch etwas vorschnell dem vorschnellen Beschluss des Finanzausschusses im Bundestag angeschlossen hat, gesichtswahrend einen Schwenk hinbekommt. Ganz offen einzuräumen, dass man sic durch ausgewiesene Fachleute und vertiefte Sachkenntnis hat überzeugen lassen, wäre allerdings alles andere als eine Schande. Es wäre im Gegenteil ein Akt der Souveränität und Größe.